Lokesh war erst sieben Jahre alt, als er sein Zuhause verlor und zum Straßenkind wurde. „Meine Stiefmutter und mein Vater mochten mich nicht und haben mich sehr schlecht behandelt. Es war schrecklich“, sagt der heute 35-jährige Lokesh Kumar im Gespräch mit der KirchenZeitung. Er war in mehreren Städten in Österreich zu Gast, um seine Geschichte zu erzählen und auf die Situation der weit über zehn Millionen indischen Straßenkinder aufmerksam zu machen.
Als kleiner Junge machte er sich völlig allein auf den Weg in die Millionenmetropole Bangalore. Der Bahnhof sollte zu seinem Unterschlupf werden. „Dort konnte ich schlafen, und es war leichter, an Essen zu kommen“, berichtet Lokesh Kumar. Er sammelte Lumpen, Altpapier und Altplastik und übernahm kleine Gelegenheitsjobs. Oft musste er betteln. „Ich habe immer ein wenig geschauspielert und so getan, als hätte ich ein Handicap, damit mir die Leute überhaupt etwas gegeben haben.“ Dabei war jeder Tag ein Kampf ums Überleben. „Krank zu werden hätte den Tod bedeuten können.“ Daneben lauerten gewalttätige Polizisten, Drogen und Menschenhändler als ständig präsente Gefahren. „Die hätten alles mit mir tun können“, sagt Lokesh Kumar.
Schon damals wurde er von Mitarbeitern des Don-Bosco-Straßenkinderzentrums kontaktiert, die ihn dazu bewegen wollten, das Straßenleben aufzugeben und zur Schule zu gehen. Das „Bosco“-Zentrum und dessen Freizeitangebote gefielen ihm gut – aber bleiben wollte er nicht. „Ich hatte mich an das Leben auf der Straße gewöhnt, ich war süchtig danach und wollte meine Freiheit nicht aufgeben“, erinnert er sich. Erst einige Jahre später, ein dreijähriger Aufenthalt im staatlichen Heim und eine Lepraerkrankung lagen gerade hinter ihm, war er bereit, sein Leben zu ändern. Er konnte seinen Schulabschluss machen und im „Bosco“-Zentrum den Grundstein für seine Schauspielerkarriere legen. Mit Erfolg – heute ist Lokesh Kumar ein viel gefragter Trainer und Schauspieler, der regelmäßig in Filmen, Reality-Shows und TV-Serien mitwirkt. In dem 61 Millionen Einwohner-Bundesstaat Karnataka ist er ein Star, den die Leute auf der Straße um ein Selfie bitten. Seine Wurzeln verleugnet er dabei nicht. „Für das Fernsehpublikum bin ich der Straßenjunge, der Bosco-Boy“, erzählt er lächelnd. Dem Straßenkinderzentrum ist er sehr dankbar. „Sie haben mir alles ermöglicht.“ Außerdem sind die Ordensleute wie eine zweite Familie für ihn. „Bei meiner Hochzeit waren ein Pater und eine Ordensschwester vom ‚Bosco‘ mit dabei“, erzählt Lokesh Kumar, der Vater einer vierjährigen Tochter ist.
Ebenfalls für „Bosco“ in Bangalore arbeitet Salesianerpater Jiji Kalavanal, der mit seinen Dokumentationen und Filmen Aufmerksamkeit auf das Leben der indischen Straßenkinder lenkt. „Wir gehen in die Schulen und klären die Kinder über ihre Rechte auf. Wir wollen den Teufelskreis der Gewalt in den Familien brechen“, sagt P. Kalavanal, der Lokesh Kumar auf seiner Österreichtour begleitet. Es habe sich für die Straßenkinder in den letzten Jahren vieles zum Besseren verändert. Sorgen bereiten ihm jedoch die Umtriebe der Menschenhändler: Sie versprechen den Kindern das Blaue vom Himmel, um sie dann als billige Arbeitssklaven oder Prostituierte zu verschachern.
Tipp: Der Film This is ME! zeigt, wie aus einem armen, kleinen "Bahnhofsjungen" der gefeierte Schauspieler Lokesh Kumar wurde, der nun seinerseits Straßenkindern zur Seite steht: https://youtu.be/sN3eM7HpPmw
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