Die katholische Kirche betreibt keine Parteipolitik. Bischöfe, Pfarrer oder Pfarrassistent/innen werden sich hüten, in einer Predigt Wahlempfehlungen abzugeben. Dennoch gehört es zum kirchlichen Selbstverständnis, sich in gesellschaftliche Debatten einzumischen. In manchen Fällen führt das kirchliche zum politischen Engagement. In Eferding, Bezirkshauptstadt mit 4.300 Einwohner/innen, gibt es bei der Bürgermeisterwahl am 26. September gleich zwei Beispiele dafür. Während Christa Außerwöger, ehrenamtliche Leiterin der Pfarrbücherei, für die Grünen antritt, schickt die SPÖ Christian Penn, Betriebsratsvorsitzender der Pastoralen Berufe der Diözese Linz, als parteifreien Kandidaten für die SPÖ ins Rennen.
Damit aber nicht genug: Severin Mair von der ÖVP, der sich als Bürgermeister der Wiederwahl stellt, hat das, was man eindeutig als Kirchenbezug bezeichnen kann. Beide Eltern arbeiten als Seelsorgende im Dienste der Diözese Linz, aber dazu später mehr. Das pfarrliche Leben hat er zudem in der Jugendzeit genau kennengelernt. Er war zu der Zeit Ministrant in der Pfarre Eferding, als Christian Penn dort als Pastoralassistent wirkte.
Dass drei der vier Kandidierenden aus dem kirchlichen Milieu stammen, ist zweifelsohne ein Eferdinger Spezifikum. Christa Außerwöger und Severin Mair ordnen das unter Zufall ein. Christian Penn glaubt dagegen, dass die große Offenheit der Pfarre Eferding zu dieser Konstellation beigetragen hat. Der Langzeit-Pfarrer Erich Weichselbaumer habe als größer „Ermöglicher“ viel zugelassen. „Das ist ein Nährboden, wo Kräfte wachsen können, die sich gesellschaftlich engagieren“, meint Christian Penn. Der Pfarrer habe für ein Christentum gestanden, das rausgehe und nicht nur im Kirchenraum bleibe. „Das ist für mich persönlich ein wichtiger Impuls, dass ich zur Bürgermeisterwahl kandidiere.“
Für ihn hat die katholische Soziallehre große Parallelen zur Sozialdemokratie, Solidarität und Nächstenliebe würden gut zusammenpassen.
In der Kommunalpolitik ist er Quereinsteiger. Politische Erfahrungen konnte er als kirchlicher Betriebsrat aber in der Interessensvertretung sammeln. „So gesehen hat die kirchliche Sozialisation zum politischen Engagement geführt.“ Dieser Werdegang sei im Übrigen in Eferding nicht neu, betont Penn. Krankenhausseelsorger Karl Mair-Kastner hinderte der kirchliche Arbeitgeber nicht, eine Funktion als Stadtrat einzunehmen. Er trat für die Grünen 2015 bei der Bürgermeisterwahl an. Gegen seinen Sohn Severin, der das Rennen letztendlich für sich entschied und 2015 mit 22 Jahren jüngster Bürgermeister Österreichs wurde. Sein Jusstudium stellte Severin Mair danach ruhend, um neben seinem Amt nur einzelne Prüfungen in Wirtschaftsrecht absolvieren zu können.
Die teilweise unterschiedlichen Standpunkte zwischen ihm und seinem Vater führten nicht zu Streit, aber zu Diskussionen, sagt Severin Mair. „Jeder hat seine eigene Meinung, der respektvolle Umgang untereinander ist wichtig.“ So erlebe er das auch auf Gemeindeebene. „Am Ende des Tages ist vor allem wichtig, dass konstruktiv zusammengearbeitet wird“, meint Mair. Karl Mair-Kastner hat seinem Sohn zwar nicht die politischen Präferenzen vererbt, dafür aber das grundlegende Interesse an Politik. „Das Politische liegt in den Genen“, meint Severin Mair. Dabei tendiere die Großfamilie seit jeher in Richtung ÖVP. „Mein Opa war schwarzer Vize-Bürgermeister.“ Er selbst sieht sich jedenfalls eindeutig beim christlich-sozialen Flügel seiner Partei. Die katholische Soziallehre sei zentraler Bestandteil des Wertesystems der ÖVP.
Nicht nur von seinem Vater weiß Severin Mair aber, dass Kirchenleute nicht mehr automatisch der ÖVP nahestehen müssen. „In Oberösterreich sind einige Personen, die beruflich in der Diözese tätig sind, auch bei den Grünen politisch engagiert.“
Christa Außerwöger gehört spätestens seit 2009 zu dieser Personengruppe, als sie sich den Grünen in Eferding anschloss. Die Zeit sei einfach reif gewesen für die Kandidatur, erzählt sie im Gespräch mit der KirchenZeitung. „Das jüngste meiner sechs Kinder ist zehn Jahre alt, deshalb habe ich die zeitlichen Ressourcen dafür“, sagt Außerwöger, die im Frühjahr das Mandat von Karl Mair-Kastner im Stadtrat übernommen hat. Die Schöpfungsverantwortung sei nicht nur christlicher Wert, sondern gehöre zum Wesenskern der Grünen seit deren Gründung, meint sie. „Ich erwarte von den Grünen, dass in ihrer Vielfalt und Breite die christlichen Werte Platz haben.“
Geprägt habe sie ihre Jugendzeit bei der Jungschar und später in der Pfarre Eferding. „Ich glaube, man lernt schon viel für das politische Engagement in der Kirche: das Organisieren, Teamführen und Leiten.“ Aus ihrem Heimatdorf im Mühlviertel sei die Verknüpfung von Pfarre und Gemeinde selbstverständlich. „Das ist kleinstrukturiert, da kommen beide Bereiche schnell zusammen.“
Für sie ist es selbstverständlich, dass sich Kirche öffentlich zu politischen Themen äußert. Bei der Asylpolitik habe man gesehen, „dass es der Politik guttut, wenn die Kirche sich für einen humanen Umgang mit Flüchtlingen ausspricht“. «
Zur Sache
Turbulent war die letzte Bürgermeisterwahl in Eferding im Jahr 2015. Im ersten Wahlgang war Severin Mair (ÖVP) mit 35,8 Prozent nur auf dem zweiten Platz hinter SPÖ-Amtsinhaber Johann Stadelmayer (43,3 Prozent) gelandet. Der SPÖ-Kandidat warf aber nach dem Verfehlen der Absoluten das Handtuch. So gab es statt einer Stichwahl eine Ja-Nein-Abstimmung. Für Severin Mair (ÖVP) stimmten 70 Prozent der Wähler mit Ja. Um das Amt des Bürgermeisters hätte sich im ersten Wahlgang auch Severin Mairs Vater, Karl Mair-Kastner, beworben. Mair senior kandidierte für die Grünen und kam auf 6,83 Prozent.
Im Gemeinderat entfallen von 25 Sitzen 9 auf die ÖVP, 8 auf die SPÖ, 4 auf die FPÖ, 3 auf die Grünen und einer auf die Offene Liste Eferding.
Mit Philipp Pointner schickt die FPÖ einen Kandidaten ins Rennen, dessen Verbindung zur katholischen Kirche weniger stark ausgeprägt ist. „Ich bin der Kirche treu, aber kein typischer Sonntagskirchgänger“, sagt Pointner im Gespräch mit der KirchenZeitung. Generell seien die jeweiligen Programme der Kandidaten wichtiger als der persönliche Bezug zur Kirche. Pointner gibt an, dass er durch die Bundespräsidentenwahl 2016 politisiert wurde. „Kritisieren kann man schnell was, aber wenn man sich in der Politik beteiligt, kann man auch was verändern“, betont Pointner. Ähnlich wie seine Konkurrenten hebt er die Bedeutung der konstruktiven Zusammenarbeit auf Lokalebene hervor. Es gehe darum, gemeinsam etwas zu gestalten.
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