Damit hatte Josef Schimmerl nicht gerechnet: Jahrelang bemühte sich der Landwirt in Lochen am See darum, dass auf seinem Hof kein „Smart Meter“ installiert wird. Anfang Mai wurde der Strom abgedreht, trotz bezahlter Rechnungen. Zwei Wochen lang konnte die Familie mit einem Notstromaggregat Strom erzeugen, um sich und 60 Rinder versorgen zu können. Dann mussten sie den Einbau des Messgeräts zulassen.
So wie Josef Schimmerl lehnen zahlreiche Menschen in Österreich die sogenannten intelligenten, digitalen Stromzähler ab und werden deshalb unter Druck gesetzt. Die Messgeräte sollen in den kommenden Jahren flächendeckend die herkömmlichen, analogen Geräte ersetzen. Sie zeichnen den Stromverbrauch im 15-Minuten-Takt auf und übertragen ihn ein Mal täglich an den jeweiligen Netzbetreiber. Die Energiewirtschaft wirbt damit, dass ein persönliches Ablesen nicht mehr nötig sei. Der eigene Datenverbrauch kann online eingesehen werden. Zudem können die Energieversorger mithilfe der gesammelten Daten neue Tarife, Produkte und Services anbieten, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern und Energiekosten zu senken. Das sind auf den ersten Blick viele Vorteile. Doch das Stop-Smart-Meter-Netzwerk Österreich, an dem Expertinnen und Experten aus dem technischen, medizinischen und juristischen Bereich beteiligt sind, schlägt Alarm. Jeder „Smart Meter“ nimmt die Daten anderer Geräte auf und leitet sie über Stromleitungen oder per Mobilfunk weiter. Rund um die Uhr wird Elektrosmog erzeugt. Die Österreichische Ärztekammer hat schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass dadurch Erschöpfungszustände, Depressionen und Krebserkrankungen auftreten können. Ein weiterer Kritikpunkt sind die gesammelten Daten. Sie gäben Auskunft darüber, wann jemand zu Hause sei und wann nicht und welche Geräte betrieben würden, sagt Fritz Loindl vom Stop-Smart-Meter-Netzwerk. Es sei belegt, dass aus dem Datenpool neue Geschäftsmodelle entwickelt werden sollen. Im Jänner 2019 hat der Rechnungshof mit einem kritischen Bericht die Bedenken bestätigt. Darin werden unter anderem der mangelnde Datenschutz und die gesundheitliche Beeinträchtigung aufgezählt. Das Wirtschaftsministerium und die Regulierungsbehörde Energie-Control Austria hätten keine Fachexperten einbezogen und die Kosten-Nutzen-Analyse sei mangelhaft.
Laut Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) besteht die Möglichkeit, sich gegen ein intelligentes Messgerät zu entscheiden. Dann wird es trotzdem mit der Variante „Opt-out“ installiert. Der verbrauchte Strom wird wie bisher nur einmal im Jahr gemessen. Doch es sei weiterhin möglich, von außen zuzugreifen, und der Elektrosmog werde nicht reduziert, sagt Loindl. Das Netzwerk plant nun rechtliche Schritte, um eine Wahlmöglichkeit für oder gegen ein intelligentes Messgerät zu erreichen. Die Wahlfreiheit, für die sich Landwirt Hans Schimmerl eingesetzt hat, solle in Österreich selbstverständlich sein.
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