Durch ein raumhohes Fenster dringt milchig-weißes Licht in die Kaffeerösterei „dunkelhell“ in Wels. Ein zarter Duft nach gerösteten Bohnen durchzieht den Raum, der durch einen großen Tresen in zwei Bereiche geteilt wird: Im vorderen können Kundinnen und Kunden an einem Tisch mit ein paar Stühlen dem Kaffeegenuss frönen, im hinteren Teil vollführt Inhaber Peter Zechmeister die Magie. „Früher habe ich mir nicht viel aus Kaffee gemacht“, erzählt der gebürtige Welser. Seine Frau dagegen liebte und pflegte schon immer die Kaffeehauskultur, weshalb sich die beiden eine Siebträgermaschine zulegten.
Erst dann begann sich Zechmeister, der ursprünglich aus der (Nachrichten-)Technik stammt, intensiver mit der Materie auseinanderzusetzen. Es folgte ein Hobby-Baristakurs und die Anschaffung eines kleinen Rösters. Die eigene Garage wurde kurzerhand zum Kaffee-Experimentier-Labor umfunktioniert und die ersten Röstversuche unternommen. Immer wieder formte sich fortan eine mysteriöse, intensiv-blaue Wolke im Garten der Zechmeisters, die drei Runden ums Haus drehte und irgendwann verschwand. „Die Rauchwolke entsteht beim Rösten, deshalb montierte ich ein Rohr an die Wand und blies den Rauch über das Hausdach hinaus.“ Aber auch das war keine Lösung, denn nun wanderte die Wolke durch die Nachbarschaft. Ein zufälliges Treffen mit dem Vermieter verschaffte dem damaligen Hobbyröster dann einen freien Raum in der alten Rahmenfabrik Nöfa, wo er die Rösterei „dunkelhell“ 2018 offiziell eröffnete.
Dort steht nun der ganze Stolz von Peter Zechmeister: ein selbstgebauter Kaffeeröster. Das alte Gerät reichte für die steigende Nachfrage aus dem Freundeskreis irgendwann nicht mehr aus. „Daher fing ich an zu recherchieren, zu planen und ließ mich von anderen Kaffeeröstern beraten. Dann war es soweit“, sagt Zechmeister, der unter anderem Sozialwirtschaft studiert hat. Am Computer entstand zunächst mithilfe eines 3D-Zeichenprogramms ein Bild des Traumrösters, bevor es ans Bauen ging. Die benötigten Eisenteile beim Händler besorgen, mit dem Winkelschleifer schneiden, dann stundenlang schweißen, bohren und löten. Etwa zwei Jahre dauerte es, bis der Röster fertiggestellt war, wobei Zechmeister jede freie Minute neben Beruf und Familie – er arbeitet als Programmierer an der Johannes Kepler Universität und hat drei Kinder – dafür genutzt hat. „Meine Frau hat mich mit sehr viel Verständnis unterstützt“, betont der Tüftler und erklärt, wie genau das Rösten eigentlich funktioniert:
Oben wird der Rohkaffee in den Röster geschüttet, dann wird die Trommel sowie die Heizung eingeschaltet. Die Bohnen fallen in die Trommel, durch ein Lochblech im hinteren Teil wird Luft eingesaugt, erhitzt und durch die Bohnen geblasen. Der Temperaturverlauf während des Röstens wird mit einem Programm am Computer verfolgt. Eine Musterkurve gibt dabei das Ideal vor, demr die tatsächliche Kurve möglichst folgen soll. „Dieses Werkzeug hilft mir, bestimmte Mischungen immer gleich zu rösten. Außerdem kann ich daran ablesen, ob am Ende eher ein Espresso oder ein Filterkaffee herauskommt“, sagt Zechmeister. Insgesamt bietet er in seinem Geschäft drei Espressomischungen und fünf Filterkaffees an.
Neben der Leidenschaft für das Technische steht bei dem 47-Jährigen ganz klar die Begeisterung fürs Kulinarische im Vordergrund, gepaart mit dem sozialen Aspekt: „Menschen setzen sich zum Essen zusammen, reden, verbringen eine schöne Zeit miteinander. Deshalb hat mich auch der Kaffee so gepackt, weil es auch hier um Genuss, Aroma, Kultur und Qualität geht, verpackt in ein wirklich gut schmeckendes Heißgetränk.“ Seine Faszination ist bei jedem Wort herauszuhören, besonders wenn er über eine seiner Kreationen spricht: „Meine Einser-Mischung ist eine klassische Wiener Röstung, weniger dunkel als bei den Italienern, jedoch vollmundig im Geschmack, etwas schokoladig-nussig und mit wenig Säure.“
Richtig ins Schwärmen kommt Zechmeister aber erst bei der Erwähnung seines Lieblingskaffees „Geisha“, benannt nach der äthiopischen Region, aus der er stammt. „Diese Sorte hat Aromen entwickelt wie noch kein Kaffee zuvor. Er ist so voller Intensität und Qualität, eine regelrechte Fruchtexplosion. Ein Bouquet, so überwältigend und mit Düften, süßer und dreimal stärker als bei normalen äthiopischen Kaffees.“
Die Herkunft seiner Bohnen ist Zechmeister sehr wichtig. „Ich muss nachvollziehen können, wo der Kaffe herkommt, und ob die Farmen einen fairen Preis dafür bekommen.“ Zu diesem Zweck sucht er Kontakt zu kleinen Importeuren, wie etwa der Brazilian Coffee Company, dessen Leiter persönlich die Farmen besucht. Eine klare Meinung hat der dunkelhell-Chef zu Kaffeekapseln: „Kleinröster und Kaffeecommunity sind dankbar für die Erfindung der Kapsel, weil durch deren geschickte Vermarktung Kaffee wieder zu einem Gourmetthema geworden ist.“ Die andere Seite der Medaille sei allerdings der Müll- und Verpackungswahnsinn, der damit einhergehe. „Wer ein gutes Gewissen haben möchte, kauft sich ein günstiges System mit Filterhalter, eine Mühle dazu und mahlt den Kaffee frisch“, rät Zechmeister und macht es gleich selbst vor.
Zur Sache
Es gibt einige weitere Röstereien in Oberösterreich, wie etwa Original Habeshawit Coffee, Suchan Kaffee, Die Hofröster, Panama Varietals oder die Kaffeerösterei Drack. Die größeren Kleinröstereien rösten 30 bis 40 Tonnen Bohnen pro Jahr. Zum Vergleich: Bei Dunkelhell waren es vergangenes Jahr 1,5 Tonnen. Treffpunkt der Szene in Österreich ist das Vienna Coffee Festival, dass heuer zum fünften Mal stattfand und mit 8.500 Besuchern und Besucherinnen einen neuen Rekord verzeichnete.
Laut aktuellem De’Longhi Kaffeereport trinken die Österreicherinnen und Österreicher pro Jahr 1.000 Tassen Kaffee, das sind umgerechnet 7,3 Kilogramm pro Kopf. Darüber hinaus geben 49 Prozent der Befragten an, ohne Kaffee nicht leben zu können.
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