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Bei uns geht es nicht um Sexarbeit. – Frauenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung ist etwas anderes, dagegen stehen wir auf und für Frauenwürde ein! Wenn jemand Sexarbeit in Anspruch nimmt bei einer Frau, die das von sich aus freiwillig macht, das ist nicht unser Thema.
Die Mehrheit der betroffenen Frauen, mit denen wir in Kontakt kommen, sind unfreiwillig in der Prostitution; sie wurden getäuscht, sie wurden betrogen und müssen in der Regel für ihre Zuhälter Geld verdienen. Ein Kunde, ein Sexkäufer, der auf sie trifft, befriedigt seine Lust, während es für die unterlegene Frau, oft genug noch Mädchen, Vergewaltigung bedeutet und das mehrmals am Tag oder in der Nacht. Für diese betroffenen Frauen war es kein Kindheitstraum, mal als Prostituierte zu „arbeiten“; ihr Leben wurde vielmehr zu einem Trauma, das ihnen ein Leben lang nachhängt, sie quält, wie sie selbst erzählen oder Traumatherapeut:innen berichten.
Warum kann das alles mitten unter uns stattfinden? Vermutlich auch deswegen, weil viele keine Vorstellung davon haben, was so ein Leben im Rotlichtmilieu, in den allermeisten Fällen, für Frauen bedeutet. Es ist von Kriminalität und Gewalt geprägt. Mit Liebe hat es nichts zu tun, wie oft vorgetäuscht wird. Ist unter diesen Umständen Sexkauf mit Menschenwürde vereinbar?
Von den Nutznießern, Profiteuren und Tätern wird kaum gesprochen! Alles eitel Wonne!? Gesellschaftsfähig. Wer weiß denn schon, dass über 90 Prozent der Frauen, die über das Internet mit einem Mausklick gesucht und gebucht werden können, aus dem Ausland kommen? Sie werden auf Bestellung geliefert. Wie sonst könnte mit Slogans wie „jede Woche New Girls“ geworben werden? Geködert werden sie mit lukrativen Jobangeboten.
Diese Frauen werden „hint und vorn“ betrogen, ausgenutzt und kaputtgemacht. Wenn sie nicht mehr ‚funktionieren‘, werden sie ausgetauscht. Hätten mir nicht solch betroffene Frauen ihre Geschichten, das, was ihnen widerfahren ist, selbst erzählt, ich könnte es hier nicht so deutlich schreiben. Sie waren pro Tag oft bis zu 15 Männern ausgeliefert, hatten Schmerzen an Leib und Seele, mussten sich mit Drogen von sich selbst abspalten, um das Ganze irgendwie zu überstehen; sie müssen ja verdienen – für ihre Peiniger.
Und keine dieser Frauen, eine war erst 16 Jahre alt, kam freiwillig und allein in dieses Milieu! Sprachlos macht, dass vor allem auch Schwangere und Hochschwangere sehr begehrt sind! Eine wollte mal im sechsten Monat aussteigen, das musste sie mit massiver Gewalterfahrung ihres Zuhälters bezahlen und das Kind starb im Mutterleib, mit zahlreichen Knochenbrüchen kam es zur Welt!
Immer wieder wird von gewissen Kreisen beteuert: Prostitution und Menschenhandel haben nichts miteinander zu tun! Wer kann mir das schlüssig erklären? Frauenhandel gibt es in diesem überbordenden Ausmaß, weil die Nachfrage von Sexkäufern in der EU und auch in Oberösterreich so groß ist – also, hat Prostitution etwas mit Menschenhandel zu tun oder nicht!?
Das Geschäft mit der „Ware Frau“ kann deswegen so gut funktionieren, weil wir eine liberale Prostitutionsgesetzgebung haben. Frauenhandel ist damit Tür und Tor geöffnet. Es ist alles erlaubt! Sexkauf fördert Frauenhandel!
18. Oktober, 18 Uhr, Bethlehemstraße 20, Linz
Anlässlich des Europäischen Tages gegen Menschenhandel lädt die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ zu einer Gesprächsrunde und einer Ausstellung.
Anmeldung: linz@solwodi.at
Sr. Maria Schlackl _
Sr. Maria Schlackl SDS ist Gründerin und Leiterin der
SOLWODI-Initiative: aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde seit 2014.
In der Fachberatungsstelle LENA verfügen wir über 27 Jahre Erfahrung in der Beratung und Begleitung von Sexarbeiter:innen, die wir mit finanzieller Unterstützung von Magistrat, Land und Bund durchführen. Ein Sexkaufverbot sehen wir als sehr kritisch an.
Es existieren tatsächlich keine wissenschaftlichen Studien dazu, dass diese Gesetzgebung den Effekt hat, dass Sexarbeit, Menschenhandel, sexualisierter Gewalt oder Ausbeutung reduziert werden. Ebenso ist das Argument, dass auf diesem Weg die Geschlechtergleichstellung gefördert wird, nicht belegt. Seit Jahrzehnten üben deshalb weltweit Wissenschafter:innen, Fachberatungsstellen, Sexarbeitende und Selbstorganisationen Kritik an diesem Gesetzesmodell, da es einen sachlichen Diskurs unterbindet.
In den entsprechenden Ländern, in denen ein Sexkaufverbot existiert, werden Kund:innen kriminalisiert. Die Erfahrung zeigt: Die Sexarbeitenden sind somit gezwungen, im Verborgenen, wie beispielsweise im Internet, in Privatwohnungen, am Stadtrand oder in Parks, zu agieren. Dadurch sind sie höheren Risiken von Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt, erfahren verstärkt Diskriminierung, Ächtung und Rechtlosigkeit, weil sie unter dieser Gesetzgebung mit Kriminellen arbeiten. Nachweislich arbeiten sie deshalb außerdem zunehmend isoliert. Wenn sie sich z. B. mit einem oder einer Kolleg:in eine Wohnung teilen, können sie wegen Bordellbetriebs und Zuhälterei strafrechtlich verfolgt werden. Gleiches gilt für Vermieter:innen einer Wohnung, in der Sexarbeit stattfindet. Das Argument, dass Kund:innenstrafbarkeit Sexarbeitende schützt und sie nicht unter Strafe stellt, ist damit widerlegt. Das Abdrängen in die Illegalität bestätigte sich in der Covid-19-Pandemie. Das Arbeitsverbot führte zu einer massiven Verlagerung von sexuellen Dienstleistungen in den illegalen Bereich.
Die Caritas-Beratungsstelle LENA hat ca. 3500 Kontakte zu Sexarbeiter:innen pro Jahr. Regelmäßig findet auch ein Austausch mit Selbstorganisationen von Sexarbeiter:innen in Österreich, Deutschland und der Schweiz statt. LENA bezieht somit Sexarbeitende in Arbeitsprozesse und in die Lobbyarbeit mit ein. Es wird großen Wert darauf gelegt, Sexarbeit differenziert zu betrachten und den Entscheidungen der Sexarbeiter:innen Respekt entgegenzubringen.
Die Kund:innenstrafbarkeit als Gesetzesmodell suggeriert jedoch, dass der „Ausstieg aus der Sexarbeit“ als einzig erstrebenswertes Ziel pauschal für alle Sexarbeitenden Gültigkeit hat. LENA wie auch andere Fachberatungsstellen bieten natürlich ebenso Beratung und Unterstützung zu alternativen Beschäftigungsmodellen an – vorausgesetzt, dass das die Sexarbeitenden wünschen. Wenn Sexarbeiter:innen erklären, dass sie unter Zwang arbeiten und Hilfe benötigen, begleitet und unterstützt LENA die Betroffenen. Es werden die in Österreich dafür offiziell zuständigen Stellen informiert: die Exekutive und der Verein LEFÖ-IBF – für Betroffene von Menschenhandel.
Das Sexkaufverbot hingegen spricht einer gesamten Berufsgruppe pauschal ihre Autonomie ab und reduziert Sexarbeitende auf die Opferrolle. Die Selbstbestimmung einer ganzen Berufsgruppe abzuerkennen oder zu leugnen, darf deshalb nicht Ziel und Aufgabe der Politik sein. Das Hauptaugenmerk sollte auf der Achtung der Vielfalt der Lebenskonzepte und auf der Stärkung der Rechte von Sexarbeitenden liegen.
10. Oktober, ab 14:15 UHR, Bethlehemstraße 20
Mit der Caritas-Beratungsstelle LENA veranstaltet das Institut für Christliche Soziallehre der KU LInz eine Tagung unter dem Motto „Respekt für Sexarbeiter:innen“. Weitere Infos und Anmeldungsmöglichkeit: www.ku-linz.at/universitaet/veranstaltungen
Elke Welser _
Elke Welser ist dipl. Sexualberaterin und -pädagogin sowie Leiterin von LENA, der Linzer Caritas-Beratungsstelle für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind und waren.
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