Sozialratgeber
Download hier >> oder Sozialratgeber KOSTENLOS bestellen unter office@kirchenzeitung.at oder telefonisch: 0732 / 7610 3944.
Eine „neue industrielle Revolution“ wurde von manchen vorausgesagt, als die EU-Kommission letzte Woche ihr Klimaschutzpaket präsentierte: Europa soll 2050 klimaneutral sein. Ab 2035 sollen keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr produziert werden. Und schon bis 2030 soll der CO2-Ausstoß um mehr als die Hälfte im Vergleich zu 1990 sinken.
Wie realisierbar ist das Paket?
Georg Knill: Wir stimmen als österreichische Industrie den ambitionierten Klimazielen zu und sind selbst Teil der Lösung. Die erfolgreiche Dekarbonisierung kann nur mit der Industrie erfolgen. Die Politik setzt Ziele, aber umsetzen muss sie die Wirtschaft. Dazu brauchen wir entsprechende Unterstützungen. Es ist ja nicht so, dass Klimaschutz etwas Neues für die Industrie ist – wir beschäftigen uns seit Jahrzehnten mit dem Thema. Nirgendwo auf der Welt wird klimaschonender produziert als in Österreich. Diesen Vorsprung gilt es mitzunehmen. Wir sind zuversichtlich und sehen im Green Tech Bereich durchaus Chancen, aber diese Transformation passiert nicht von selbst.
In Österreich sind die CO2-Emissionen seit 1990 weniger gesunken als in anderen EU-Ländern …
Knill: Es ist ja nicht nur die Industrie ein Emittent (siehe Info rechts), sondern es sind vier Bereiche. Die Industrie, bei der der CO2-Ausstoß deutlich zurückgegangen ist im Vergleich zur Wertschöpfung, der Verkehr, der deutlich zugenommen hat, und der große Bereich der Landwirtschaft und des privaten Hauses. In Wirklichkeit müssen alle Sektoren ihren Beitrag leisten, damit wir die Ziele erreichen.
Die CO2-Steuer ist auch in Österreich ganz klar auf der Agenda, was sagen Sie dazu?
Knill: Hier gibt es rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen. Die österreichische Industrie zahlt bereits für CO2-Emissionen eine Steuer über den Zertifikatehandel. Es darf auf keinen Fall zu einer Zusatzbelastung kommen. Allerdings wird es zu massiven Eingriffen kommen. Weniger vielleicht in der Industrie, aber doch im privaten Haushalt, Stichwort Ölheizungen. Sehr stark natürlich im ländlichen Bereich, Stichwort Pendler/innen, da muss es Ausgleichsmechanismen geben, sonst wird das Stadt-Land-Gefälle noch größer. Da muss man Sorge tragen, dass es nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft kommt.
In den Haushalten und im Verkehr wird sich vieles ändern, neue Produkte werden benötigt. Was heißt das für die Industrie?
Knill: Selbstverständlich bringt jede Innovation auch Chancen. Dieser Green Tech Bereich hat Potenzial, da ist Österreich mit tausenden Unternehmen schon weltweit tätig. Das hat für den Klimaschutz mehr Impact – wenn wir durch unsere Produkte und Technologien in der Welt einen Beitrag leisten können, Stichwort Wasserkraftturbinen.
Wir haben ja Glück, dass wir einerseits Wasserkraft haben und andererseits, dass wir keine direkte Autoindustrie haben, nur Zulieferfirmen.
Knill: Das stimmt so nicht, wir haben immerhin 350.000 beschäftigte Menschen im Automobilsektor. In Graz machen wir auch fertige Autos. Natürlich gibt es eine große Breite an Unternehmen, die zuliefern.
Sind diese Unternehmen so flexibel, dass sie sich in den nächsten 15 Jahren umstellen?
Knill: Die politische Zielsetzung ist ein hochsensibles Thema. Ich sage, es ist nicht seriös, wenn die Politik ein Datum vorgibt, zu dem der Verbrennungsmotor nicht mehr produziert werden darf, denn das hängt von vielen anderen Faktoren ab, die die Politik nur mittelbar beeinflussen kann. Verbieten kann man schnell etwas. Aber was sind die Alternativen? Wir brauchen, wenn es um Elek-tromobilität geht, genügend Ressourcen. Wo bekommen wir den Strom her? In Österreich hoffentlich regenerativ, in der EU gibt es noch zahlreiche Atom- und Kohlekraftwerke. Wenn der Strom nicht grün ist, dann haben wir in der CO2-Bilanz auch mit der E-Mobilität keinen Vorteil gegenüber dem Verbrennungsmotor. Und es ist heute noch nicht sicher, dass E-Mobilität die einzige Technologie ist, die uns in Zukunft Mobilität ermöglicht.
Wo sehen Sie denn Alternativen für E-Mobilität?
Knill: Wir haben jetzt hauptsächlich Hybrid-Varianten, da sind in einem Auto zwei Welten: die klassische Verbrennungs-Motorenwelt – übrigens extrem effizient, wir sind nicht mehr weit weg vom Drei-Liter-Auto – und dann noch die Elektro-Welt. Man blendet völlig aus, wie die Batterie hergestellt worden ist, wo bekomme ich die seltenen Erden her, die Rohstoffe, wo werden die Zellen gefertigt, wo passiert die Wertschöpfung – bis dato nicht in Europa. Dann haben wir die Batterie mit einer Lebenszeit von ein paar Jahren, und was dann passiert, wissen wir auch noch nicht. Das sind immer noch ungelöste Themen, die technologisch, ökonomisch und sozial gelöst werden müssen. Nochmal: Die Industrie ist mit dabei. Wir sind Teil der Lösung. Aber die Politik muss auf Fakten auch Rücksicht nehmen.
Sehen Sie Alternativen zum E-Auto?
Knill: Das ganze Thema Wasserstoff. Elektrische Speicherung ist nicht ausreichend. Wir brauchen Energiespeicher, in welcher Form auch immer. Sonne scheint nicht jeden Tag, Wind bläst nicht jeden Tag. All diese Dinge können gelöst werden, nur braucht es politischen Willen und finanzielle Unterstützung.
Zu einem anderen Thema: Fachkräftemangel. Woher kommen in Zukunft die Fachkräfte?
Knill: Sie kommen aus unseren Jugendlichen, Mädchen und Burschen, die eine gute Grundschulausbildung machen, die schwerpunktmäßig in technischen Fächern und Digitalisierungskompetenzen ausgebildet werden entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten, mit einer Grundportion von Ambition und Leistungsbereitschaft. Das ist unser Idealbild. Die Realität schaut anders aus. Aus meiner Sicht haben wir Versäumnisse im Elementarbildungsbereich. Wenn wir heute sehen, dass Jugendliche nach dem 9. Schuljahr nicht sinnerfassend lesen können, Grundrechnungsarten nur mangelhaft beherrschen, dann haben wir irgendetwas nicht richtig gemacht. Ohne Vorwurf an die Lehrerinnen und Lehrer, es ist das System in Summe, mit allen Beteiligten.
Sollte die Schulpflicht länger werden?
Knill: Es sollte eine Bildungspflicht kommen. Das ist nicht eine Frage der Dauer, sondern, welche Qualifikation man erreicht. Ob das jetzt ein Jahr länger dauert oder ein Jahr weniger, ist eigentlich irrelevant. Aber man soll einen Abschluss haben.
Eine Art Zentral-Abgangsprüfung?
Knill: Ich traue mich keine Worte zu nennen, weil die ja alle irgendwie mit ideologischen Konzepten behaftet sind. Wichtig ist, neben der Bildungspflicht, jede und jeden einzelnen mitzunehmen und zu sagen: ‚Was wäre für dich jetzt geeignet?‘ Es ist diese Berufsorientierung, die nach Eignungen auswertet und fokussiert. Ist eine Lehre das Richtige oder doch eine höhere Ausbildung oder was auch immer? Aber nicht sagen: ‚Danke, das war‘s, jetzt bist du selbst verantwortlich, und wir sehen uns am AMS wieder!‘
Sie stehen zur dualen Ausbildung in der Lehre?
Knill: Die duale Ausbildung ist eines der Schlüsselelemente, das sich über Generationen bewährt hat, ein deutschsprachiges Unikum. Ein Industrielehrling kostet ein Unternehmen über die gesamte Ausbildungszeit 100.000 Euro. Aber das sind keine Kosten, das ist eine Investition in meine Fachkraft von morgen. Und genau diese Perspektive haben viele Unternehmen, zu sagen, ich bin verantwortlich für meine Fachkräfte von morgen, und daher bilde ich sie heute aus. «
Treibhausgas. Auch Wasserdampf ist ein Treibhausgas. Die Gase sorgen dafür, dass Wärme nicht ins Weltall entweicht, sondern in der Erdatmosphäre bleibt. Ohne Treibhausgase wäre es auf der Erde zu kalt. Wenn zu viele
davon in der Atmosphäre sind, halten sie zu viel Wärme bei der Erde. Das bekannteste Gas, das Erderwärmung mitverursacht, ist Kohlendioxid (CO2).
CO2 (Kohlendioxid). CO2 ist ein in der Natur vorhandenes Gas. Unter der Erdoberfläche ist CO2 gebunden. Bei der Förderung und Verbrennung von fossilen Brennstoffen (Öl, Erdgas) wird es in die Atmosphäre freigesetzt. Das trägt zur Klimaerwärmung bei.
Dekarbonisierung. Das Bemühen, Energie zu gewinnen, möglichst ohne CO2 (in dem Kohlenstoff oder „Karbon“ steckt) in die Atmosphäre freizusetzen, um die Erderwärmung nicht weiter zu beschleunigen. Erneuerbare Energiequellen wie Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft sind dafür gut geeignet.
Emittent. Jemand, der etwas ausstößt – im Zusammenhang mit Klimawandel: CO2
Sozialratgeber
Download hier >> oder Sozialratgeber KOSTENLOS bestellen unter office@kirchenzeitung.at oder telefonisch: 0732 / 7610 3944.
Erfahrungen aus dem Alltag mit einem autistischen Jungen >>
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>