Der 7. Oktober ist der "Internationale Tag der menschenwürdigen Arbeit". Mehrere kirchliche Organisationen haben sich im Vorfeld dazu zu Wort gemeldet.
Die "Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung Österreichs" (KABÖ) forderte etwa den Ausbau der Mitbestimmung am Arbeitsplatz, die KAB der Erzdiözese Wien mahnte faire Löhne und lebensfreundliche Anstellungsausmaße ein, die Europäische Sonntagsallianz betonte die Bedeutung von menschenwürdigen Ruhezeiten. Und die katholischen Arbeitnehmer in Oberösterreich führen rund um den 7. Oktober die Aktion "Einen guten Arbeitstag!" durch.
Die Möglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Mitgestaltung und Mitbestimmung an ihrem Arbeitsplatz müssen ausgebaut und stärker abgesichert werden, hielt die KABÖ in ihrer Aussendung am Freitag fest. "Der Mensch ist Subjekt, nicht Objekt in der Arbeitswelt. Die Arbeit muss daher so ausgestaltet werden, dass sie Sinn stiftet und menschenwürdig ist", so die KABÖ. Studien zeigten zudem: Mitbestimmungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz machten nicht nur Betriebe krisenfester; sie würden auch die Zustimmung zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit generell stärken.
Die KABÖ erinnerte an folgende Passage aus dem Sozialhirtenbrief der katholischen Bischöfe Österreichs von 1990, der nichts von seiner Aktualität verloren habe: "In der Wirtschaft geht es nicht nur um die Bereitstellung von Gütern und Diensten, sondern wesentlich um die Zusammenarbeit von Menschen. Die soziale Ausgestaltung des Wirtschaftsprozesses gehört deshalb zu den zentralen Aufgaben einer menschengerechten Wirtschaftsordnung. Das schließt keineswegs aus, dass die Erstellung von Gütern und Diensten ihre Sachgesetze hat. Wo aber nach Gottes Bild geschaffene, freie, selbstverantwortliche Personen im Wirtschaftsprozess zusammenarbeiten, sind die Achtung vor der Würde des Menschen, das Recht auf Mitverantwortung und Mitbestimmung und die Vermenschlichung der Arbeitswelt vorrangig."
Weiter wies die KABÖ auf eine kürzlich veröffentlichte Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) hin. Unter dem Titel "Demokratie am Arbeitsplatz" werde darin für eine Stärkung der Beteiligung und der Rechte von Beschäftigten auf allen Ebenen plädiert. Erlebte und gelebte Mitbestimmung in der Arbeitswelt mache die Menschen weniger ansprechbar für populistische, rechtsnationale sowie demokratie- und europafeindliche Politiker und Parteien.
Vor diesem Hintergrund zeigte sich die KABÖ verwundert, dass in dem von der EU-Kommission vorgelegten EU-Demokratiepaket der wesentliche Lebensbereich der Arbeitswelt ausgeklammert ist. "Wer demokratische Gesellschaften widerstandsfähiger gegen illiberale und autoritäre Tendenzen machen will, ist gut beraten, auf demokratische Beteiligung zu setzen. Das darf vor Betriebstoren und Konzernen nicht halt machen", so die katholischen Arbeitnehmer. In diesem Sinn gelte es, die Rechte von Betriebsräten und Gewerkschaften europaweit abzusichern und die Sozialpartnerschaft zu stärken.
Philipp Kuhlmann, Vorsitzender der KAB der Erzdiözese Wien, betonte in einer Aussendung: "Es ist wichtig, zu ungerechten Verhältnissen in der Arbeitswelt Stopp zu sagen! Menschengerechte Arbeit zeigt sich in fairem Lohn und in einem lebensfreundlichen Anstellungsausmaß. Genauso wichtig sind Entwicklungsmöglichkeiten, soziale Teilhabe, Mitbestimmung, Gesundheit und gleiche Chancen für alle arbeitenden Menschen. Das ist Menschenwürde am Arbeitsplatz!"
Zu menschenwürdiger Arbeit gehören angemessene Ruhezeiten, hielt die Europäische Sonntagsallianz in einer Erklärung fest. Es brauche mehr politische Unterstützung für die Verbesserung des Schutzes von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, so Hendrik Meerkamp vom Lenkungsausschuss der Allianz. Arbeitnehmer müssten unter Bedingungen arbeiten können, die sich an den Grundsätzen von Freiheit, Sicherheit und Menschenwürde orientieren. Arbeitende würden ein unumstößliches Recht auf ausreichende Ruhezeiten und auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit besitzen. Entscheidend hierfür sei ein gemeinsamer wöchentlicher Ruhetag.
Nach Ansicht der Europäischen Sonntagsallianz muss die wöchentliche Ruhezeit nicht nur eine bestimmte Anzahl von Stunden umfassen, sondern auch wirkliche Ruhe gewährleisten. "Ein arbeitsfreier Tag muss sowohl persönliche Erholung als auch die Pflege sozialer Bindungen ermöglichen", so Meerkamp.
Er betonte in diesem Kontext, dass zwischenmenschliche Beziehungen eine Schlüsselrolle für die Work-Life-Balance spielten und wesentlich zu Wohlbefinden und Erholung beitrügen. Wenn die Ruhezeit im Sinne eines gemeinsamen freien Tages organisiert werden könne, ermögliche dies dem Einzelnen, Zeit mit Familienmitgliedern, Freunden oder Gleichaltrigen zu verbringen. Gleiches gelte für Freiwilligenarbeit, Gottesdienste, Freizeit und Sport.
Der Lenkungsausschuss der Europäischen Sonntagsallianz rief die politischen Entscheidungsträger und Interessengruppen auf, "die Bedeutung der Qualität der synchronisierten Ruhezeit für die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer" zu berücksichtigen, nicht zuletzt, um die Debatte über die Einführung eines gemeinsamen wöchentlichen Ruhetags auf EU-Ebene für alle Bürger voranzutreiben.
In Oberösterreich haben die KAB und die Betriebsseelsorge rund um den 7. Oktober ca. 8.000 Menschen in Oberösterreich mit ihrer Aktion "Einen guten Arbeitstag!" erreicht. Mit dem Verteilen von Themenkarten und einem kleinen Giveaway sollte ein Zeichen für gute, menschenwürdige Arbeit gesetzt werden.
Die Verantwortlichen betonten in einer Aussendung am Freitag die Würde jedes Menschen in der Arbeitswelt. Sie verwiesen auf das Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Darin heißt es wörtlich: "Jeder Mensch hat Würde. (...) Darum bedarf es einer gerechten Verteilung von Arbeit und Einkommen." Das Sozialwort wurde vom ÖRKÖ 2003 veröffentlicht. Die Aussagen und Texte des Sozialworts seien auch nach 20 Jahren hochaktuell, hielt die KAB-OÖ fest.
Die OÖ-Aktion zum Welttag für menschenwürdige Arbeit dauert noch bis zum 11. Oktober 2023; an diesem Tag teilt das Team von "mensch & arbeit" am Standort Voestalpine die kleinen Aufmerksamkeiten an die dort Beschäftigten aus. Das Team "mensch & arbeit" der Betriebsseelsorge der Diözese Linz begleitet mit seinen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden Menschen in der Arbeitswelt von Oberösterreich das gesamte Jahr über.
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