Wie kam es dazu, dass Sie einen Film über die afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari gedreht haben?
Natalie Halla: Nach der Machtübernahme der Taliban 2021 habe ich ein Interview mit ihr gesehen. Das hat mich berührt. Eigentlich arbeitete ich damals an anderen Projekten, doch in diesem Moment wusste ich: Ich möchte diese Frau kennenlernen und ihre Geschichte erzählen. Mich interessierte, wie es mit der Botschaft weitergeht, denn niemand konnte sagen, ob sie Tage später noch existieren würde. Dass sie bis heute geöffnet ist, ist überraschend.
Was hat Sie an Manizha Bakhtari am meisten beeindruckt?
Halla: Sie ist mutig und bleibt trotz aller Bedrohungen standhaft. Weltweit gab es nur zwei afghanische Botschafterinnen, und sie ist die letzte im Amt – daher auch der Filmtitel. Besonders beeindruckt mich, wie offen sie sich den Taliban widersetzt. Sie kämpft unermüdlich für die Rechte von Mädchen und Frauen in Afghanistan.
Wie sind Sie während der Dreharbeiten mit der afghanischen Community in Österreich in Kontakt gekommen?
Halla: Wenn man über Afghanistan arbeitet, begegnet man vielen Menschen hier, die von dort stammen. Ich habe beeindruckende, gebildete junge Frauen kennengelernt, aber auch progressive Männer. Sie unterstützen Manizha. Das war für mich eine wichtige Erfahrung, denn in der öffentlichen Wahrnehmung dominieren meist die negativen Schlagzeilen. Doch die Community ist viel breiter, lebendiger und engagierter, als man von außen sieht. Ich habe diese andere Realität kennengelernt.
In Österreich überwiegen negative Klischees. Was ist das größte Problem?
Halla: Viele kommen traumatisiert hierher. Wenn sie nicht aufgefangen, sondern stattdessen als Kriminelle abgestempelt werden, haben sie wenig Chance, ein neues Leben aufzubauen. Man braucht nicht in Frage zu stellen, warum sie flüchten, man muss sich die Lage dort nur anschauen. Jemand von uns kann sich da nicht hineinversetzen. Ich glaube, dass wir den Menschen eine Chance geben müssten. Ich selbst habe zwei Brüder aus Vietnam, die durch ein Missverständnis in unsere Familie gekommen sind. Meine Eltern haben sie dann als Pflegekinder aufgenommen. Dadurch hatten sie eine Chance, die sie genützt haben. Einer wurde Musiker, der andere Arzt. Traumatisierte Menschen brauchen viel Liebe.
Haben Sie selbst in Afghanistan gefilmt?
Halla: Das Risiko wäre zu hoch gewesen. Ein australischer Filmemacher, Jordan Bryon, der lang in Afghanistan gelebt hat, stellte uns Aufnahmen und Wissen zur Verfügung. Über Social Media kamen Handyvideos von Mädchen wie Zakia, die mit Unterstützung der Botschafterin weiter zur Schule gehen. Und afghanische Künstler haben für uns gefilmt – zum Beispiel Stadtansichten.
Was bleibt für Sie persönlich von diesem Filmprojekt?
Halla: Das Thema wird mich nicht so schnell loslassen. Auch wenn die Situation hoffnungslos erscheint, gibt es doch eine Chance, dass die Taliban wieder abgelöst werden. Afghanistan ist ein reiches, wunderschönes Land mit einer starken Kultur. Auch das soll der Film sichtbar machen.
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