Ein Forschertrio der HLUW Yspertal hat einen Pflanzenwirkstoff gefunden, der Honigbienen vor der tödlichen Faulbrut bewahrt. Während das Mittel schon heuer in Österreich zur Anwendung kommen soll, nimmt der Jungforscher Lorenz Hinterplattner bereits weitere Bienenkrankheiten ins Visier.
SP50: Hinter diesem Buchstaben- und Zahlenkürzel steckt eine bahnbrechende Erfindung. SP50 ist eine pflanzliche Mischung, die die gefürchtete Bienenkrankheit Amerikanische Faulbrut wirksam bekämpft. SP50 bedeutet – ohne Übertreibung – die Rettung für Millionen Honigbienen. Viele Imker/innen werden durch den wundersamen Wirkstoff wohl vor dem Ruin bewahrt. Keine Entwicklungsabteilung eines großen Pharmakonzerns, sondern ein Schüler-Trio der HLUW Yspertal (Höhere Lehranstalt für Umwelt und Wirtschaft) des Zisterzienserstifts Zwettl (NÖ) steht hinter diesem Geniestreich. Ihr Forschungprojekt wurde erst vor wenigen Tagen zu einem der Siegerprojekte beim Wettbewerb Jugend innovativ gekürt.
Die Geschichte beginnt im Jahr 2015 im idyllischen Losenstein im Ennstal, wo Lorenz Hinterplattner lebt und als Zwölfjähriger beschließt, Hobby-Imker zu werden. „Meine Eltern waren am Anfang gar nicht begeistert von diesem Wunsch“, erinnert sich Lorenz im Gespräch mit der KirchenZeitung. Seine Hartnäckigkeit, um seinen großen Traum verwirklichen zu können, bleibt jedoch nicht ohne Wirkung.
Trotz anfänglicher Skepsis unterstützen ihn seine Eltern bald tatkräftig. Lorenz’ Papa, gelernter Tischler und früher ebenfalls Imker, baut ihm die Kisten, die er für die Bienenstöcke braucht und die ihren Platz in einer geräumigen Hütte im Garten finden. Lorenz lernt bei einem Großimker in Feldkirchen an der Donau das nötige Know-how, die ersten Bienenvölker ziehen ein und Jahr für Jahr vertieft er sich mehr in die Materie. Als 15-Jähriger gewinnt er die Imker-Staatsmeisterschaften, später wird er in Frankreich sogar Vizeweltmeister der Jungimker. Bei den Wettbewerben stellt Lorenz sein Können unter Beweis und knüpft viele Kontakte zu Imker/innen in Österreich und im Ausland. Immer wieder ist bei den Imkertreffen Thema, welchen Schaden Krankheiten wie die Amerikanische Faulbrut anrichten können. Ist ein Stock davon befallen, ordnen die Behörden oftmals eine rigorose Vorgehensweise an: Alle Bienenvölker im Umkreis von drei Kilometern zum Infektionsherd müssen dann vernichtet werden. Für gewerbliche Großimker/innen ist das eine existenzielle Bedrohung. „Man hat versucht, die Krankheit mit Antibiotika zu behandeln, aber damit können nur die Symptome bekämpft werden, die Sporen des Erregers waren danach immer noch im Stock“, erzählt Lorenz.
An der HLUW Yspertal beginnt er an einem Wirkstoff zu forschen, mit dem der Faulbrut ohne Chemiekeule komplett der Garaus gemacht werden soll. „Rund 90.000 Pflanzenstoffe standen zur Auswahl. Ich habe mir gedacht, da muss doch einfach der richtige darunter sein“, sagt Lorenz Hinterplattner.
Wie bei vielen Erfindungen paart sich bei SP50 eine Spitzenidee mit sehr, sehr viel Ausdauer. Es ist eine Mammutaufgabe, für die vieles stimmen muss, damit sie gelingen kann. Sehr hilfreich sind die Rahmenbedingungen an der HLUW Yspertal, in der bestens ausgestattete Labore zur Verfügung stehen und Lehrer bisweilen mit ihren Schützlingen nach Unterrichtsende weiter forschen. Dazu kommt noch die Komponente Teamwork: Lorenz holt sich schon in einer frühen Projektphase seine Schulkollegen Jasmin Schalli und Markus Bollwein mit ins Boot. Alle drei werken mit enormem Einsatz an dem Projekt. Anfang 2019 beginnen sie mit dem Aussieben der 90.000 Pflanzenstoffe, die allesamt regional verfügbar sind. Jene für Menschen oder Bienen unverträglich Stoffe scheiden als erstes aus. Es folgen Analysen auf Mikrotiter-Platten und weitere Untersuchungen am Lebendexemplar bei einem Auslandspraktikum in Belgien. „Wir haben dort Tag und Nacht daran gearbeitet“, sagt Lorenz. Die engere Auswahl – immer noch hunderte Wirkstoffe – werden in einem groß angelegten Feldversuch an den Bienenstöcken österreichischer Imkereien getestet.
Das Mittel SP50 stellt sich dabei letztlich als der erhoffte große Wurf heraus. Die Bienen, die mit diesem Stoff gefüttert werden, reinigen die Waben von der abgestorbenen Brut und stecken sich selbst nicht mehr an. Obendrein kann dieser Bienen-Großputz auch gegen andere Krankheiten helfen. Die Kosten für eine Dosis des Wirkstoffs, der am besten präventiv zum Einsatz kommt, soll bei rund 5 Euro liegen.
Für die Produktion und den Vertrieb von SP50 hat Lorenz Hinterplattner gemeinsam mit Markus Bollwein das Unternehmen Hive Analytics OG gegründet. Nach der Matura starten sie direkt als selbstständige Unternehmer durch. „Wir wollten unsere Entwicklung nicht an einen Pharmakonzern verkaufen, sondern das Ganze selbst in die Hand nehmen“, betont Lorenz Hinterplattner, der gerade daran werkt, die Produktionshalle gegenüber seinem Elternhaus einzurichten. Von Losenstein aus sollen Österreich noch diese Saison und später Europa und die ganze Welt mit dem Pflanzenstoff beliefert werden. Von der Erfindung zu leben, ohne sich an der Not der Imker/innen zu bereichern, ist eine Maxime der jungen Forschenden, die noch weitere große Ziele haben. Lorenz: „Wir haben bei Krankheiten wie der Kalkbrut und der Sackbrut erste gute Forschungsergebnisse, um auch hier Heilmittel zu finden.“ Der größte Traum ist allerdings, eines Tages ein Heilmittel gegen die Varroamilbe zu finden, den schlimmsten Bienenschädling weltweit. «
Zu Bild 1: Lorenz Hinterplattner (19) aus Losenstein in hat schon mit zwölf Jahren das Imkern für sich entdeckt. Er ist zweifacher Imker-Staatsmeister und als Imker-Sachverständiger tätig. Von ihm stammt die Idee, ein natürliches Mittel gegen die Faulbrut zu suchen.
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