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Welche Bedeutung hat die katholische Soziallehre für die heutige Gesellschaft?
DDr. Severin Renoldner: Inhaltlich betrachtet entspricht die katholische Soziallehre dem, was man als Zusammenfassung von Papst Franziskus’ Umwelt-Enzyklika „Laudato sì“ sagen kann: Die Menschheit, insbesondere die westliche Welt und allen voran die Christinnen und Christen, ist herausgefordert, etwas zu tun, damit das Leben in der nächsten Generation auf der Erde möglich bleibt. Zwei Dinge müssen dafür getan werden: Zum einen müssen Wirtschaft und Politik neu organisiert werden, damit zum Beispiel der Ausstoß von CO2 und Methan – Kohle, Öl und Gas – drastisch reduziert wird. Das andere ist: Es muss weltweit zu einer sozialeren Verteilungspolitik kommen, die die Voraussetzung dafür ist, dass Milliarden Menschen nachhaltig leben können. Papst Franziskus sagt, es sind ausreichend Ressourcen auf der Welt für alle verfügbar, wenn wir nachhaltig wirtschaften. Das verlangt einen radikalen Umbau der Wegwerfwirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft. Reiche Länder wie Österreich müssen Vorleistungen erbringen. Es wäre ungerecht, zu sagen: wir wollen Auto fahren, aber die Menschen in China oder Afrika dürfen das nicht, weil es ökologisch nicht verkraftbar wäre. Um überleben zu können, brauchen wir eine Neuentwicklung der Wirtschaft.
Sehen Sie diese Ansätze in der Politik?
Renoldner: Unsere gegenwärtige Politik tut das Gegenteil. Tempo 140 auf Autobahnen ist eine Kleinigkeit, aber sie symbolisiert, dass sie Nachhaltigkeit nicht ernst nimmt. Die Soziallehre sagt zum Beispiel: Du musst zuerst dem Menschen eine Existenz ermöglichen und dann darauf vertrauen, dass er etwas Positives für die Gesellschaft leistet. Die heutige Politik geht davon aus, dass die Menschen nur ausnützen wollen. Vor allem Asylwerbende werden in der öffentlichen Propaganda so dargestellt. Die Kürzung von sozialen Leistungen richtet sich in hohem Maß gegen die eigene Bevölkerung. Sie betrifft besonders Mehrkindfamilien, Alleinerziehende oder von einem Unfall Betroffene, Arbeitslose und Mindestpensionistinnen. Wer heute gesund ist und gut verdient, kann morgen schon einen Unfall haben, sich scheiden lassen oder die Arbeit verlieren. Dann betrifft es auch mich! Ausländerfeindlichkeit zeigt, dass man das Grundvertrauen in den Menschen verliert. Fremdenhass oder Nationalismus in Europa ist nur die Oberfläche, dahinter steht Menschenverachtung. Sie schädigt Wirtschaft und Gerechtigkeit!
Auch der Oberösterreichische Arbeitnehmer/innen-Bund, die Fraktion Christlicher Gewerkschafter oder der ehemalige ÖVP-Spitzenpolitiker Franz Fischler sehen die katholische Soziallehre gegenwärtig missachtet. Kritisiert wird auch, dass die Sozialpartnerschaft infrage gestellt wird. Ist die Kritik gerechtfertigt?
Renoldner: Die katholische Sozialethik lehrt, dass es in der Politik darum geht, Solidarität zu erzeugen. Man muss Menschen ermutigen, gemeinschaftsfähig zu werden, eventuell auch, auf etwas verzichten oder teilen zu können. Das historische Vorbild dafür ist die Sozialpartnerschaft: vor dem Zweiten Weltkrieg waren Unternehmer und Arbeitnehmer, Christlichsoziale und Sozialdemokraten bis zum Bürgerkrieg verfeindet. Nach dem Krieg haben sie sich in Form der Sozialpartnerschaft zu einer Verhandlungskultur durchgerungen. Diese nimmt den Interessenskonflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur Kenntnis, aber sie versucht, ihn im Sinne von „Leben und leben lassen“ mittels Kompromissen zu lösen. Heute wird die Sozialpartnerschaft – nicht zum ersten Mal – von der Regierung infrage gestellt. Aber eigentlich bräuchten wir eine Sozialpartnerschaft, die die ökologische Frage miteinbezieht. Man müsste im Sinn von „Laudato sì“ die Sozialpartnerschaft auf Nachhaltigkeit ausdehnen. Die Herausforderung ist, um als Menschheit überleben zu können, einen politischen Plan zu machen und zu ermutigen, dass es geht.
Was ist die „katholische Soziallehre“?
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