Da ist die Friseurin, die in einem Fünferteam gearbeitet hat und mit Beginn der Ausgangsbeschränkungen ihre Anstellung verlor: Die Arbeitgeberin konnte es sich trotz der Hilfsmaßnahmen nicht leisten, das Team im Anstellungsverhältnis zu halten. Da ist die Verkäuferin, die aus guten Gründen in Teilzeit arbeitete und plötzlich 12-Stunden-Schichten bewältigen muss. Da ist die Mutter mit zwei Kindern im Homeoffice, die froh ist, wenn sie mal rauskommt. Es sind Situationen wie diese, von denen Ulrike Hammerl berichtet. Sie ist Seelsorgerin beim Treffpunkt Mensch & Arbeit in Steyr. Hammerl erzählt, dass sich vorhandene Probleme in der Arbeitswelt verdichtet haben: „Wir haben in Steyr die Autoindustrie, die ohnehin in einer Umstellungsphase ist. Jetzt hat die Corona-Pandemie die Situation verschärft.“
Allerdings weiß die Seelsorgerin auch, dass meist jene Betriebsgemeinschaften die Krise gut bewältigen, in denen schon zuvor ein guter Teamgeist herrschte. Auch sie selbst musste ihre Arbeit umstellen: Betriebsbesuche und Gruppentreffen waren ja nicht möglich, Telefon und E-Mail halfen, den Kontakt trotzdem aufrechtzuerhalten. Und es wurde honoriert: „Es ist schön zu wissen, dass ‚da draußen‘ jemand ist“, war eine der Reaktionen. Gespräche seien länger und tiefer geworden.
„Wir hören von einem Aufatmen, wenn ein Seelsorger oder eine Seelsorgerin sich gemeldet hat“, sagt Michaela Pröstler-Zopf, Leiterin des Bereichs „Mensch & Arbeit“ der Diözese Linz. „Hier ist Kirche gefordert, in Einzelgesprächen und in Runden bei den Menschen zu sein.“ Das gilt im Übrigen auch für die Liturgie in der Betriebsseelsorge.
Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren, manche sehen schon, dass es den Betrieb, in dem sie hofften, „nach der Krise“ wieder angestellt zu werden, nicht mehr gibt. Hier geht es darum, das Selbstwertgefühl der Menschen wieder aufzubauen, sagen die Seelsorgerinnen. Ein besonderes Anliegen sind auch die Ein-Personen-Unternehmen, die oft Dienst am Menschen verrichten – etwa in der Therapie – und denen alles weggebrochen ist.
Für Michaela Pröstler-Zopf brachte die Corona-Pandemie auch eine veritable Enttäuschung: Die Annahme dass man bei der Gleichberechtigung in der Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit in der Familie weiter wäre, war offenbar falsch. Tatsächlich, so ist ihre Beobachtung, blieb das oft wieder vorrangig an den Frauen hängen – zusätzlich zu ihrer Erwerbsarbeit. Pröstler-Zopf beschäftigt auch die Tatsache, dass man trotz vieler Arbeitsloser bei den Erntehelfern und in der Pflege auf Menschen aus dem Ausland zurückgreifen musste: „Das macht die Sache verdächtig, dass man sich dort die Arbeitsbedingungen ansehen muss“, sagt sie. Die Krise zeige jedenfalls auch, wie wichtig der Sozialstaat ist.
Und was soll als Lehre aus der Krise bleiben? „Zum Beispiel sollte die Stigmatisierung von Arbeitslosigkeit endlich aufhören: Es liegt ja auf der Hand, dass die Menschen, die aufgrund der Pandemie ihre Arbeit verloren haben, nicht selbst schuld sind, wie man das immer wieder gehört hat. Und auch die Wertschätzung, die es für manche Berufe gerade am Anfang der Krise gab, sollte erhalten bleiben – und sich nicht nur im kostenlosen Dank, sondern in den Arbeitsbedingungen ausdrücken“, sagen die beiden Seelsorgerinnen.
Der Bereich „Menschen & Arbeit“ der Diözese Linz hat zum Thema einen prophetischen Text verfasst. Er kann auf www.mensch-arbeit.at eingesehen werden.
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