Im oberösterreichischen Zentralraum tauchen seit ein paar Wochen Schmierereien mit Religionsbezug auf. Von wem sie stammen, ist unbekannt. Klar ist aber, dass sie im Widerspruch zum Christentum stehen und ein Fall für das Strafrecht sind.
„Jesus = heillig“ (Fehler im Original) oder „Jesus lebt“: Solche Sätze aus Graffitis in Linz und Umgebung verstören nicht – von der Sachbeschädigung abgesehen. Doch insgesamt verkünden die Graffitis keine Frohbotschaft, denn es heißt auch: „Fürchte den Zorn Gottes!“ Ein Graffiti lautet: „Johannes 3,36“. Schlägt man nach, findet sich der Satz: „Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern Gottes Zorn bleibt auf ihm.“
Zum Teil unter ungenauem Bezug auf den Römerbrief wird gegen homosexuelle Menschen gehetzt, es ist von Sünde und Hölle die Rede. Der islamische Prophet Mohammed wird geschmäht. Neben der Sachbeschädigung ist auch der objektive Tatbestand der Verhetzung erfüllt, in mindestens einem Fall jener der Herabwürdigung religiöser Lehren.
Wer steckt hinter diesen Taten? Laut Landespolizeidirektion ist die Aufklärung bei Graffitis schwierig. Jede Anzeige werde verfolgt, man sei aber auf Hinweise angewiesen. Ob es sich um eine Häufung von Botschaften mit genannten Inhalten handle, zeige sich erst in der Zusammenschau – noch sei das nicht der Fall.
In der Linzer Stadtverwaltung sind diese Graffitis allerdings ein Thema: „Die Landeshauptstadt Linz steht für Toleranz, Akzeptanz und Solidarität und tritt Angriffen, die diesen Grundsätzen widersprechen, entschieden entgegen“, heißt es aus dem Rathaus. Die Stadt stehe für eine Gesellschaft, in der alle Menschen diskriminierungsfrei leben können – egal welcher Herkunft, welcher Religion sie angehörten oder welche sexuelle Orientierung sie hätten. Meldungen zu einschlägigen Schmierereien auf stadteigenen Gebäuden würden von Mitarbeiter/-innen des Magistrats „umgehend bearbeitet und in weiterer Folge entfernt“.
Dass die Schmierereien „christlich“ aussehen sollen, ist ein Missbrauch des Christentums und steht der kirchlichen Haltung völlig entgegen. Die Diözese Linz pflegt zum Beispiel einen konstruktiven Dialog mit der islamischen Glaubensgemeinschaft.
Paul Neunhäuserer von der Regenbogenpastoral der Diözese stellt hinsichtlich der homophoben Graffitis klar: „Die christliche Botschaft richtet sich an alle Menschen – unabhängig von sexueller Orientierung. Bei der linzpride2022 haben wir als Christ/innen ein Zeichen der Solidarität mit LGBTIQ+-Menschen gesetzt und die klare Botschaft am Transparent mitgetragen ‚Unter Gottes Himmel haben alle Platz‘. Die Kirche steht in der Nachfolge Christi. Die befreiende Botschaft will sie allen Menschen zukommen lassen.“
Abzulehnen ist auch der Missbrauch von Bibelzitaten. Einerseits funktioniere es grundsätzlich nicht, Bibelzitate unkommentiert in den Raum zu stellen, sagt Reinhard Stiksel, Leiter des Bibelwerks Linz. „Zum anderen werden einzelne Textpassagen aus ihrem Kontext herausgeschnitten wie ein Steinblock aus einem Berg. Die Gesamtintention eines Briefes oder eines Evangeliums geht damit verloren.“
Das historische Umfeld und die Kultur des Autors müssten beachtet werden, was Stiksel an Aussagen des Paulus zur Homosexualität zeigt: „Paulus kannte Homosexualität nicht als eine in konkreten Menschen existierende Neigung, die dauerhaft auf einer personalen Beziehung gelebt werden kann. Wer also ohne diese Kontexte und Hintergründe biblische Texte dazu missbraucht, eigene Haltungen undifferenziert in die Welt zu schreiben, wird dem Anliegen der guten Nachricht nicht gerecht, sondern ist ihr vielmehr hinderlich.“
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