„Nachruf auf verlorene Jahre“ hat die Burgenländerin Anna Niklos ihr Buch genannt, in dem sie erzählt, was sie im Todeslager Gakowa erlebt hat. Sie schildert, wie eine junge Frau nach und nach ihre drei Kinder sterben sah – und zuletzt, verstummt, selber starb. Gakowa ist eines der Lager gewesen, in dem die „Donauschwaben“ Jugoslawiens vom Tito-Regime zur Arbeit gezwungen wurden, starben oder aus dem sie– wenn sie Glück hatten – flüchten konnten.
Im Städtchen Gakowa, in der Batschka gelegen, lebten 2700 Menschen. Im von März 1945 bis Jänner 1948 geführten Lager lebten ständig rund 17.000 Gefangene – die deutschsprachige Bevölkerung, an der man die Wut über die Schrecken des Nazi-Regimes ausließ. Rund 8500 starben allein in Gakowa. Mehr als 48.000 Donauschwaben waren es insgesamt, die in den jugoslawischen Arbeits- und Vernichtungslagern zwischen 1944 und 1948 umgekommen sind. Ein Kreuz und eine kleine Gedenkstätte erinnern heute an die Ereignisse.
Einer, der Gakowa erlebt hat, ist Dr. Georg Wildmann. „Filipowa“ hieß sein Heimatort. Am 25. November 1944 wurden 212 Männer und Burschen aus Filipowa von Tito-Partisanen ermordet. Durch Zufall entging der 16-Jährige dem Massaker. Mehrere Arbeitslager hatte Georg hinter sich, als er im Mai 1946 ins Vernichtungslager Gakowa kam, weil er dort seine Verwandten vermutete. Am helllichten Tag gelang ihm die Flucht. Von einem Massengrab weg flüchtete er in ein Getreidefeld. In Linz hat er eine neue Heimat gefunden, wurde Professor für Philosophie und Theologie, lehrte mehrere Jahre auch an der Katholischen Hochschule. Seit 1975 erfoscht Wildmann intensiv die Geschichte der Donauschwaben. Die Wohnung ist übervoll gewesen mit schriftlichen Zeugnissen, mit Büchern und den zahlreichen Arbeiten von Wildmann selbst.
Die Jahre sollen nicht verloren sein. In Marchtrenk wurde am Montag, 28. Mai 2018 die neue „Donauschwäbische Bibliothek“ mit dem Archiv von Dr. Georg Wildmann eröffnet. Die Erfahrungen der Donauschwaben bleiben mit diesem Archiv für die Zukunft erhalten. Der Marchtrenker Bürgermeister Franz Mahr, selbst Donauschwabe in nächster Generation, ist heute Obmann der Donauschwäbischen Landsmannschaft in Oberösterreich.
Die Donauschwaben wurden in der Habsburgerzeit nach der Niederlage der Türken vor Wien im Pannonischen Becken angesiedelt. In den weitgehend entvölkerten Regionen schafften sie eine Blüte des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens.
„Ich möchte unbedingt festhalten, was nicht vergessen werden darf; das Vergessenwerden von uns relativ kleinen Volksstämmen wäre unsere zweite Vertreibung“, bringt Wildmann in der jüngsten Ausgabe der „Mitteilungen der Landsmannschaft der Donauschwaben in Oberösterreich“ seine Motivation für seine Forschungsarbeit zum Ausdruck. Erst die Wahrheit mache frei für das Verzeihen.
Erfahrungen aus dem Alltag mit einem autistischen Jungen >>
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>