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Die Alpen mit ihren wunderschönen Naturlandschaften sind Magnet für viele Reisende. Was macht diese Bergregion so besonders?
Paul Kuncio: Das kann man gut aus der Luft betrachten, denn der 1200 km lange Alpenbogen erstreckt sich über acht europäische Staaten – Monaco, Frankreich, Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich, Italien und Slowenien. Es ist also eine sehr große zusammenhängende Bergregion mit verschiedenen Ökosystemen und dadurch auch ein Hotspot für Artenvielfalt. Wir haben im Alpenraum, der insgesamt eine Fläche von etwa 200.000 km2 hat, mehr als 30.000 Tierarten wie das Murmeltier, den Steinadler und die Gämse, und 13.000 Pflanzenarten wie das Edelweiß, die Alpenrose und die verschiedenen Enzian-Arten. Die Alpen beeinflussen natürlich auch stark die Kultur der mehr als 14 Millionen Menschen, die hier in den einzelnen Regionen leben. Diese abwechslungsreiche und beeindruckende Kultur- und Naturlandschaft erachten wir als besonders schützenswert. 53.000 km2, also rund 30 Prozent der Alpen stehen unter Schutz und es gibt mehr als 1000 Schutzgebiete.
Was sind hier die größten Herausforderungen für die Erhaltung der Landschaft und der Natur? Welche Bedrohungen gibt es?
Kuncio: Die Alpen zählen zu den am dichtesten besiedelten Bergregionen der Welt und werden daher auch stark genutzt. Durch diese sehr unterschiedliche kleinräumige und flächendeckende Nutzung stoßen natürlich viele verschiedene Interessen zusammen, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Es gibt hier Landwirtschaft, Wanderrouten und Skipisten für einen immer stärker wachsenden Tourismus und neben Wohngebieten haben wir in den Alpen auch Regionen, die stark geprägt sind von Industrie- und Gewerbestandorten. Zudem stellt die Verkehrsthematik eine Herausforderung dar – der inneralpine lokale Verkehr, vor allem aber der Alpentransit. In Österreich haben wir z. B. mehrere alpenquerende Routen, wo der Güter-, der Freizeit- und Tourismusverkehr drüberlaufen, die stark genutzt werden. Dazu kommt, dass bedingt durch die Lage in den Alpen auch der Siedlungsraum begrenzt ist und die zunehmende Siedlungsentwicklung ebenso herausfordernd ist. All das spielt zusammen und bedroht und gefährdet die Artenvielfalt und die Ökosysteme des Alpenraums. Zu diesen problematischen Kernaspekten zählt natürlich auch der Klimawandel.
Wie wirkt er sich konkret auf die Alpen aus?
Kuncio: Wir haben im Vergleich zu anderen Regionen in einigen Gebieten des Alpenraums jetzt schon eine Zunahme der Lufttemperatur um nahezu plus zwei Grad Celsius seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Das führt automatisch dazu, dass die Flora und Fauna durch die Temperaturunterschiede unter Druck kommt, sich verändert und sich an diese Gegebenheiten anpassen muss. In Kombination dazu verbrauchen wir durch die unterschiedliche Nutzung und Verbauung im Alpenraum u. a. durch Stromleitungen oder Liftanlagen viel Boden und zerschneiden damit Lebensräume, was den Verlust von Arten zusätzlich beschleunigt.
Welche ökologischen Funktionen haben die Alpen? Trinkwasser zählt da sicher dazu …
Kuncio: Die Alpen sind ein Netzwerk von zahlreichen Ökosystemen, die alle zusammen uns Menschen Dienstleistungen der Natur bieten und liefern, die wir nutzen und die für uns von großer Bedeutung sind. Dazu zählt natürlich Trinkwasser. Teile der Alpen werden ja Wasserschloss Europas genannt wegen der Gletscherflächen als wichtige Wasserspeicher und der Schneemenge, die jährlich im Winter fällt. Die großen Flüsse Mitteleuropas rund um den Alpenraum werden im Frühling und Sommer zum Teil vom Abfluss der Alpen gespeist. Und dieses Wasser dient u. a. als Trinkwasser, zur Bewässerung und im Bereich Wasserkraft und gilt auch als Wasserversorgung für Regionen, die nicht mehr im Alpengebiet liegen. Eine weitere wichtige Dienstleistungsfunktion durch Ökosysteme bieten die Wälder. Sie liefern die natürliche Ressource Holz als Bau- und Brennstoff. Die österreichische Staatsfläche ist ja mit 48 Prozent relativ dicht bewaldet. Das bringt uns den Vorteil, dass wir durch einen guten Sauerstoffgewinn Frischluft haben. Natürlich werden im Alpenraum auch Lebensmittel hergestellt. Und in Bezug auf die Pflanzenvielfalt dürfen wir nicht vergessen, dass zahlreiche Medikamente und Arzneimittel über pflanzliche Stoffe hergestellt werden.
Was sind Ihre dringlichsten Forderungen zum Schutz der Alpen?
Kuncio: Als österreichische Vertretung der internationalen Alpenschutzkommission CIPRA fordern wir zunächst einmal eine noch stärker ineinander verschränkte grenz- und bereichsübergreifende Zusammenarbeit u. a. mit den anderen Alpenstaaten. Denn gemeinsame Anstrengungen sind nötig, um effektiv diese Bergregion, ihre Artenvielfalt und ihre Naturräume zu schützen. Derzeit hat die CIPRA innerhalb des Alpenraums aus ressourcentechnischen und klimathematischen Gründen Konzepte zur Verbesserung und Änderung vor allem in drei Bereichen im Fokus: Erstens braucht es eine flächensparende alpine Raumordnung, um der wachsenden Siedlungsentwicklung entgegenzuwirken. Zweitens: Was den Klimawandel betrifft, so ist eine Energiewende in Richtung erneuerbare Energien dringend notwendig. Wir müssen die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren und beseitigen. Gleichzeitig darf man aber nicht Gefahr laufen zu sagen, eine Klimaneutralität durch 100 Prozent erneuerbare Energie ist so prioritär, dass man z. B. den Naturschutz vernachlässigen könnte. Denn wir brauchen natürlich auch Freiräume in den Alpen für lebenswerte Naturräume. Drittes Thema ist der Bereich Verkehr, der stetig wächst. Daher fordern wir gemeinsam auf EU-Ebene u. a. den Ausbau des Schienennetzes und des öffentlichen Verkehrs voranzutreiben, denn darin steckt ein großes Potential, den Personen- und Güterverkehr vor allem auf die Bahn und auch auf Busse zu verlagern.
Was die Erholung und den Tourismus betrifft: Wie kann jede:r Einzelne zum Schutz der Alpen beitragen?
Kuncio: Wir alle wissen den Naturraum der Alpen für Freizeitaktivitäten und Erholung zu schätzen. Aus meiner Sicht ist deshalb ganz wichtig, uns der Natur gegenüber respektvoll zu verhalten. Das kann jede:r relativ einfach tun: auf den offiziellen Wanderwegen bleiben, keinen Müll hinterlassen und etwaige Umleitungen und Wegesperren aufgrund von Wildruhezonen oder wegen forstlicher Arbeiten beachten und den dort entsprechenden Regeln folgen.
Die internationale Alpenschutzkommission CIPRA (französisch für Commission Internationale pour la Protection des Alpes) ist eine unabhängige, nichtstaatliche und gemeinnützige Dachorganisation, die sich für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Alpen einsetzt. Mit ihrer internationalen Geschäftsstelle in Liechtenstein, ihren nationalen Vertretungen in sieben Alpenländern und rund hundert Mitgliedsorganisationen ist sie heute ein wichtiges alpenweites Netzwerk. Seit ihrer Gründung 1952 hat die CIPRA eine Konvention für die Alpen gefordert und daher ab den 1990er Jahren die Entstehung und Umsetzung der sogenannten Alpenkonvention (ein internationales Abkommen, das von den acht Alpenländern und der EU unterzeichnet wurde mit dem Ziel des Schutzes und der nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums) kritisch begleitet. Die CIPRA ist heute offizielle Beobachterorganisation der Alpenkonvention, die einen rechtlichen Rahmen und eine Plattform für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bildet.
Infos: www.cipra.org
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