Die Sudetendeutschen sind bekannter, aber wie diese gehören die Donauschwaben ebenfalls zu jenen Millionen deutschsprachiger Menschen, die im Zuge der Niederlage Hitler-Deutschlands gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und in den Jahren danach ihre Heimat in den Gebieten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie verlassen mussten. Flucht, Vertreibung, Internierung war ihr Schicksal – im Fall der Donauschwaben begann ihr Leidensweg im Jahr 1944.
Dieses 80-Jahr-Gedenken war der Anlass für den Kongress, zu dem zur Überraschung der Veranstalter mehr als 400 Teilnehmer:innen kamen. Den Donauschwaben der zweiten Generation bot das Treffen in Marchtrenk die Gelegenheit, sich mit dem oft unverständlichen Verhalten der Eltern und dem vielen „Unausgesprochenen“ in den Familien auseinanderzusetzen. Der Kongress war weit davon entfernt, eine Brauchtumsveranstaltung mit Betrauern einer glanzvollen Vergangenheit zu sein.
Natürlich ist die Geschichte der Donauschwaben beeindruckend. Nach dem Sieg über die Türken zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat das Kaiserhaus in Wien begonnen, Schwaben (aus dem heutigen Südwestdeutschland) im Süden der ungarischen Kronländer im Wesentlichen entlang der Donau anzusiedeln, um die Grenze zum Osmanischen Reich zu stärken.
Aus den Schwaben wurden „Donauschwaben“, die das Land nach entbehrungsreichen Anfängen zur Kornkammer der Monarchie machten. Das Zusammenleben der katholischen Donauschwaben mit den orthodoxen Serben und den protestantischen Magyaren funktionierte recht gut, ehe der Zerfall der Monarchie und das Entstehen von Nationalstaaten eine völlig neue Situation schuf.
In den Ländern Rumänien, Serbien, Ungarn und Kroatien wurden die einst vom Kaiserhaus privilegierten 1,5 Millionen Donauschwaben (1918) zu einer Minderheit und zu Bürgern zweiter Klasse. Und äußerst empfänglich für den Nationalsozialismus. Die Privilegierung währte nur kurz.
Im Herbst 1944 wurden im Gebiet des späteren Jugoslawien an die 8.000 Donauschwaben getötet. Im Herrschaftsgebiet von Tito hatten die Donauschwaben am meisten zu leiden – unter Zwangsarbeit und Todeslager.
Wer aus der ehemaligen Heimat fliehen konnte, kam oft nur mit dem in Österreich oder Deutschland an, was er am Leib trug.
Die Familie von Maria Zugmann-Weber, der Bundesvorsitzenden der Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft Österreich, kam 1947 in Österreich an. Ihr Vater, damals noch keine zehn Jahre alt, hatte bereits Erfahrungen mit Lager und getöteten Menschen, wie sie heute in Mitteleuropa unvorstellbar sind.
In den ersten Jahren nach dem „Ankommen“ konnte die Familie Landwirtschaften pachten, bis sie schließlich in Niederösterreich einen Bauernhof kaufen konnte. Dort ist Maria Zugmann-Weber aufgewachsen. In der Schule war die Geschichte der Vertreibungen kein Thema, nach und nach begann sie sich selbst damit zu beschäftigen.
Sie hat sich nicht nur in der Landsmannschaft damit befasst, sondern auch als Psychotherapeutin: „Die jetzige Generation möchte einen positiven Zugang zu ihren Wurzeln bekommen, der oftmals belastet ist durch traumatisierte Eltern.“
Sie beschäftigt sich in ihrer Praxis mit diesen Traumata und Belastungen, die über Generationen weitergegeben werden. Zugmann-Weber benennt es ohne Umschweife: „Der Kongress bot auch den Raum, über die freiwillige oder erzwungene SS-Mitgliedschaft der Eltern- und Großeltern-Generation nachdenken zu können. Das Verhältnis zum Nationalsozialismus treibt die zweite Generation sehr um.“
Hochkarätige Referent:innen halfen bei dieser Reflexion, auch die Begegnung mit vielen, die die gleiche Erfahrung haben, schuf einen Raum des Vertrauens, wo man sich austauschen konnte. „Dass Gäste aus Serbien da waren, machte den Kongress ganz besonders“, unterstreicht Zugmann-Weber.
Auch das „Ankommen“ der Flüchtlinge in Österreich war nicht problemlos und hat zu seelischen Verwundungen geführt. Viele Geflüchtete konnten ihren Beruf nicht mehr ausüben und wurden zu Hilfsarbeitern, zudem musste man lange auf die österreichische Staatsbürgerschaft warten.
Maria Zugmann-Weber, Bundesvorsitzende der Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft Österreich, mit Franz Kehrer, OÖ Caritas-Direktor, der beim Kongress ein Grußwort sprach.
„In dieser ersten Zeit war die Kirche besonders wichtig“ erklärt die Bundesvorsitzende. Darum war auch Oberösterreichs Cariats-Direktor Franz Kehrer zum Kongress geladen: „Neben der Hilfe für die heimische Bevölkerung war die Unterstützung der Flüchtlinge eine enorme Herausforderung. Rund 700.000 Menschen sind 1945 in Oberösterreich gestrandet.“
In der Folge sind im Großraum von Linz „Carita-Siedlungen“ entstanden, in denen Flüchtlinge eine neue Heimat fanden. Bischof Manfred Scheuer dankte in seinem Grußwort ausdrücklich für das Zeugnis des Glaubens, das die ehemaligen Flüchtlinge in den letzten Jahrzehnten gegeben haben und dass sie in all den Unrechtserfahrungen Boten der Versöhnung gewesen sind. Gastgeber für den Kongress war die Stadt Marchtrenk, die ein Museum und eine Bibliothek der Donauschwaben beherbergt.
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