Sowohl pflegende Angehörige als auch professionelles Pflege- und Krankenhauspersonal können von den Vorzügen der Digitalisierung profitieren. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried.
Hier wird zum Beispiel künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, um ein „Delir“ rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Ein Delir, ein Zustand akuter starker Verwirrtheit, kann besonders bei älteren Menschen während eines stationären Krankenhausaufenthalts auftreten.
Mithilfe der Software EKID („Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Delirprognose“) können Ärzte, Ärztinnen und Pflegepersonal besser herausfinden, wie delirgefährdet ein Patient oder eine Patientin ist. „Dieses innovative System nutzt dabei vorhandene Patientendaten. Mit speziellen Algorithmen wird das individuelle Risiko ermittelt und in Form einer Ampel dargestellt“, erklärt Krankenhaus-Chef Johann Minihuber. In Ried sei EKID erfolgreich getestet worden, innerhalb von vier Wochen konnte bei 35 Patient:innen der unfallchirurgischen Abteilung ein hohes Verwirrtheitsrisiko festgestellt und präventiv behandelt werden.
„Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten, gerade auch im Bereich der Diagnostik. EKID ist ein Beispiel dafür, wie künstliche Intelligenz unsere Expert:innen in Medizin und Pflege unterstützen kann“, sagt Minihuber.
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eim rascheren Erkennen von Krankenhaus-Infektionen setzen die Barmherzigen Schwestern Ried ebenfalls auf KI. Die Applikaton „HAIDi“ wurde vom tschechischen Start-up Datlowe entwickelt und nutzt die Stärke von Computern, große Datenmengen zu verarbeiten und darin Muster zu erkennen.
„HAIDi macht genau das, wovon wir als Hygiene-Expert:innen bisher nur geträumt haben“, sagt Milo Halabi vom Hygieneteam des Rieder Spitals. „Zahlreiche digitale Daten aus dem Krankenhaus-Informationssystem und anderen definierten, hausinternen Quellen werden online zu einem Puzzle aus Informationen zusammengetragen und mit international anerkannten Kriterien abgeglichen.“ Ergibt sich dabei ein Verdacht auf eine Krankenhausinfektion, weist HAIDi darauf hin. Das Hygieneteam müsse dann entscheiden, ob es sich tatsächlich um eine Infektion handelt oder nicht.
„HAIDi gibt uns in Echtzeit einen klaren Überblick über das Auftreten von Krankenhausinfektionen, damit wir uns besser auf unsere Arbeit konzentrieren und der Ausbreitung von Infektionsfällen vorbeugen können“, sagt Halabi.
Künstliche Intelligenz kommt auch bei der Darmkrebs-Vorsorge zum Einsatz. An Darmkrebs erkranken in Österreich jährlich rund 5.000 Menschen. In vielen Fällen wäre dieses Schicksal durch eine Koloskopie (Darmspiegelung) zu verhindern. „Bei der Koloskopie lassen sich potenziell gefährliche Veränderungen der Dickdarmschleimhaut erkennen und gleich entfernen, ehe sich daraus eine Krebserkrankung entwickelt“, erklärt Ernst Rechberger, Leiter der Abteilung für Innere Medizin I.
Beim Aufspüren solcher Veränderungen unterstützt die Mediziner:innen neuerdings ein Modul namens „GI Genius“. Die Software schaut sozusagen bei der Endoskopie über die Schlauchkamera mit und markiert verdächtige Schleimhautbereiche. „Das ist gerade bei sehr kleinen oder versteckten Veränderungen hilfreich, die auch einem geschulten Auge unter Umständen entgehen könnten“, sagt Ernst Rechberger.
Studien hätten gezeigt, dass dank des Moduls die Entdeckungsrate von Verdachtsarealen, die kleiner als zehn Millimeter sind, deutlich steigt. „Auch multiple Darmpolypen findet GI Genius zuverlässig, und es lernt ständig dazu. Mit einem Update wird es ihm bald möglich sein, Krebsvorstufen von ähnlichen, aber harmlosen Polypen zu unterscheiden“, sagt Rechberger.
„Wir wollen Gesundheitsversorgung in bestmöglicher Qualität bieten.
Dabei wird es immer wichtiger, Unterstützungsprozesse zu digitalisieren, um optimale Ergebnisse zu erzielen und zugleich den Mitarbeiter:innen bei der täglichen Arbeit eine Hilfestellung zu geben“, sagt Krankenhaus-Chef Johann Minihuber.
Auch für pflegende Angehörige gibt es digitale Anwendungen, die ihnen den Alltag erleichtern können. Ein Beispiel dafür ist die LICA-App. LICA steht für Life Care. Mit dieser webbasierten Plattform können Pflege- und Betreuungsleistungen erfasst und dokumentiert werden.
Veronika M. (58) aus Deutschlandsberg in der Steiermark beschreibt ihre Erfahrungen damit: „Ich betreue meinen Papa seit vier Jahren. Ich bin selbst noch berufstätig und Laie in der Betreuung von Menschen. Seit ich die LICA-App nutze, habe ich eine ditigale Dokumentation, die es mir ermöglicht, den Überblick über viele Betreuungstätigkeiten zu haben.“
So kann sie etwa ihrem Arzt zeigen, wie sich der Blutdruck des Vaters verändert hat, und auf der andern Seite kann auch die 24-Stunden-Betreuungskraft alles auf einfache Art und Weise dokumentieren. Zusätzlich bekommt Veronika M. täglich Tipps über die LICA-App: „Die sind hilfreich und wir können sie im Alltag immer wieder ganz gut einbauen.“
LICA ist ein Projekt aus Oberösterreich, an dem mehrere (Forschungs-)Partner:innen als Mitglieder der Gesellschaft LICA Life Care GmbH mitwirken (darunter auch das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried). Kofinanziert wird diese aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Enwicklung und des Landes Oberösterreich.
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