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Einmal im Jahr fährt Natascha Fozykosh von der südlichen Ukraine ins Eferdinger Becken, um Geld zu verdienen. Auf dem Hof von Wolfgang Berger in Fraham erntet sie zurzeit Erdbeeren, bald sind es Gurkerl und Marillen. Vom Lohn der monatelangen Arbeit könne sie das Studium ihrer Tochter finanzieren, sagt Natascha Fozykosh. Ohne sie und Hunderte andere Erntehelferinnen und -helfer gäbe es kaum noch heimisches Obst und Gemüse zu kaufen. Doch immer weniger Arbeitskräfte aus dem Osten sind bereit, nach Oberösterreich zu kommen. Natascha Fozykosh arbeitet seit 13 Jahren bei Wolfgang Berger. „Er ist ein guter Chef“, sagt sie. Manchmal sitze er mit den Erntehelferinnen und -helfern bei einem Bier zusammen, erzählt der Landwirt. Sie haben ihren eigenen Bereich auf dem Hof. Kontakte zur Bevölkerung gibt es kaum, auch dann nicht, wenn am Ende der Saison in einem Gasthaus gefeiert wird. Die Sprachbarrieren sind zu hoch. Das hält Natascha Fozykosh aber nicht von Ausflügen ab: Sonntags geht sie gern auf Flohmärkte. „Ich kaufe alles, Geschirr und Kleider und Autoreifen“, sagt sie lachend.
In Oberösterreich werden auf 350 bis 400 Hektar Erdbeeren angebaut. Das entspricht einer Fläche von mehr als 400 Fußballfeldern. Rund 2.000 Personen seien für die Ernte nötig, sagt Stefan Hamedinger von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Es werde immer schwieriger, Helferinnen und Helfer aus den östlichen Ländern der Europäischen Union nach Österreich zu locken, auch weil das Lohnniveau in diesen Staaten steige. Aus den Ländern, die wie die Ukraine nicht zur Europäischen Union gehören, darf jedes Jahr nur eine begrenzte Anzahl an Menschen in Oberösterreich arbeiten. Heuer sind es knapp 1.100. Diese Zahl schreibt das Sozialministerium vor. „Damit die Arbeiter überhaupt bleiben, müssen die Unternehmer jedes Jahr aufs Neue beweisen, dass sie gute Arbeitgeber sind“, sagt Stefan Hamedinger.
Ein gutes Zusammenleben, das möchte auch die Kirche in der Region fördern. Ein erster Schritt ist das „Fest der Vielfalt“ am 29. Juni in Eferding, zu dem besonders auch Erntehelferinnen und -helfer eingeladen werden. „Über die Gastfreundschaft möchten wir die Verbindung suchen mit Menschen, die jeder sieht, aber niemand kennt“, sagt Martin Wintereder von der RegionalCaritas Oberösterreich. Die „einladende Kirche“ soll ein neutraler Ort sein, in dem keine Interessen vertreten werden, sondern der Mensch mit seinen Freuden und Sorgen im Mittelpunkt steht. „Wer teilnehmen möchte, ist herzlich willkommen.“
Zur Sache
Erdbeeren pflücken, Spargel stechen, Gurkerl klauben – die Gemüseernte braucht viele Hände. Früher wurde die Arbeit innerhalb von Familie und Nachbarschaft erledigt. In den 1970er- und 1980er-Jahren arbeiteten Bäuerinnen und Hausfrauen im Nebenerwerb, in der Hochsaison unterstützt von Studierenden und Praktikant/innen. Seit den 1990er-Jahren kommen die Arbeitskräfte aus anderen Ländern. Heute bieten die 166 Gemüseanbaubetriebe in Oberösterreich rund 1.300 Arbeitsplätze. Die zusätzlichen Helferinnen und Helfer reisen hauptsächlich aus Polen, Rumänien, dem Kosovo und der Ukraine an.
Die Erntehelfer/innen dürfen bis zu 90 Tage durchgehend beschäftigt werden und verdienen laut Kollektivvertrag monatlich 1.230 Euro brutto. Saisonarbeiter/innen, die bis zu sechs Monate beschäftigt werden, erhalten 1.315 Euro. Kosten für Unterkunft und Verpflegung können vom Lohn abgezogen werden.
In Österreich sind Sozialversicherungsbeiträge fällig, die die Arbeiter/innen kaum in Anspruch nehmen können. Vergleichbare Betriebe in Deutschland sind von der Pensionsversicherungspflicht befreit. Sie können dadurch höhere Löhne auszahlen und sind für Arbeitnehmer/innen interessanter.
Das Arbeitsmarktservice OÖ und das Gemüsebaureferat der Landwirtschaftskammer OÖ versuchten, Asylberechtigte auszubilden, um dem Mangel an Arbeitskräften entgegenzusteuern. Der Erfolg hielt sich in Grenzen, eine Kurswiederholung steht noch nicht fest.
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