Ehrenamtliche sollen zusätzliche Urlaubstage bekommen: Diese Forderung des Österreichischen Alpenvereins sorgte kürzlich für Diskussionsstoff unter Freiwilligenorganisationen und Vereinen.
„Eine unglückliche Idee“, kommentiert dies Walter Aichinger, Präsident des Roten Kreuzes OÖ. „Arbeitswelt und Freiwilligenengagement sollen strikt getrennt werden. Geld ist im Freiwilligensystem Gift. Es wirft sofort die Frage auf, welche ehrenamtliche Tätigkeit wieviel wert ist.“
Ähnlich skeptisch zeigt sich Reinhard Wimmer, Leiter des Fachbereichs Ehrenamt und Pfarrgemeinde in der Diözese Linz: „Ehrenamtliche Tätigkeiten sind vielfältig. Es wäre schwierig, eine Abgrenzung zu machen, ab wann welche Art von Ehrenamt entlohnt werden soll. Für mich stellt sich außerdem die Frage, inwieweit ein Ehrenamt noch ein Ehrenamt ist, wenn ich dafür bezahlt bekomme.“
Wimmer plädiert dafür, an einer verbesserten Dank- und Wertschätzungskultur zu arbeiten, anstatt sich eine Form der monetären Abgeltung zu überlegen.
Die OÖ-Sektion des Alpenvereins hingegen steht ganz klar hinter der Forderung: „Es braucht motivierende Maßnahmen für Ehrenamtliche, die als Anerkennung dienen und das Ehrenamt möglich machen sollen. Für Bergretter und viele andere könnte zusätzlicher Urlaub allein schon aus Zeitgründen wichtig sein, um jederzeit helfen zu können“, sagt Landesobmann Thomas Poltura.
„Darüber hinaus wären vergünstigte Einkaufsmöglichkeiten für notwendige Arbeiten im Ehrenamt und die Anerkennung von Ausbildungen für sinnvoll. Wichtig ist auch eine finanzielle Unterstützung nach klaren Regeln anstatt eines Bittstellertums“, sagt Thomas Poltura.
Das Ehrenamt an sich habe in Österreich einen hohen Stellenwert, sind sich Poltura, Aichinger und Wimmer einig. Eine IMAS-Studie aus 2021 gibt ihnen recht: Fast jede zweite Person in Oberösterreich engagiert sich freiwillig, angefangen von Feuerwehr und Rettung über kirchliches Engagement bis hin zu Nachbarschaftshilfe. „Vieles würde ohne Ehrenamtliche gar nicht oder zumindest weniger gut funktionieren“, ist sich Walter Aichinger sicher. „Die bunte Palette der Freiwilligenarbeit ist ein zentraler Faktor für die Lebensqualität.“
Aichinger nennt als inneren Antrieb für sein persönliches Engagement, dass er „etwas gestalten und vorantreiben kann. Ich will nicht nur passiv das Leben konsumieren, sondern das eigene und das Leben anderer positiv gestalten.“ Anerkennung und Wertschätzung erfahre er einerseits durch das eigene Team, andererseits durch jene, denen er mit seiner Tätigkeit hilft. „Diese Anerkennung funktioniert auf der Beziehungsebene. Wer helfen mag, wird emotional bereichert. Das ist mir viel mehr wert als ein paar zusätzliche Euro.“
Anderen zu helfen, ist für Poltura ebenfalls eine große Motivation: „Ich war selbst in Jugendgruppen als Mitglied bei den Pfadfindern, in der Jungschar, beim Alpenverein, und immer froh über die tolle Betreuung und Unterstützung. Seit vielen Jahren bin ich nun im Alpenverein ehrenamtlich tätig und freue mich, wenn ich anderen helfen kann.“
Kirchliches Leben funktioniere ohne Ehrenamtliche schon lange nicht mehr, sagt Reinhard Wimmer: „Die Kirche lebt von der Gemeinschaft der Gläubigen, nur gemeinsam können wir den Glauben sichtbar und lebendig machen.“
Wichtig sei, Ehrenamtliche so zu unterstützen, damit es nicht zu einer Überforderung komme. In der neuen Diözesanstruktur soll mit dem Fachbereich Ehrenamt und Pfarrgemeinde genau das ins Auge gefasst werden.
Ab ersten Jänner 2023 tritt aus diesem Grund auch Daniela Klein ihren Dienst als Referentin für Ehrenamtsförderung an. „Es braucht zur Stärkung des Ehrenamts eine Person, die sich um entsprechende Rahmenbedingungen in der Kirche kümmert“, sagt Wimmer.
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