„Solange es gut läuft, sind die Arbeitnehmer:innen wichtig. Läuft es nicht so gut, ändert sich das“, sagt Fritz Käferböck-Stelzer, Betriebsseelsorger und Leiter des Treffpunkts mensch&arbeit Nettingsdorf.
Er beobachtet die Kollektivvertrags-Verhandlungen verschiedener Branchen sehr genau und demonstrierte zuletzt auch mit den Handelsangestellten in Salzburg.
Fritz Käferböck-Stelzer ist Betriebsseelsorger und Leiter des Treffpunkts mensch&arbeit in Nettingsdorf. Hier demonstriert er gemeinsam mit den Handelsangestellten in Salzburg für deren Kollektivvertrag.
Vor allem im Handel werde die Frage nach dem eigentlichen Wert einer Arbeitskraft deutlich: „In Covid-Zeiten wurde Beifall geklatscht und jedem war bewusst, dass die Mitarbeiter:innen im Handel das Leben aufrechterhalten.
Jetzt ist davon nichts mehr übrig“, sagt Käferböck-Stelzer und berichtet von Betriebsräten, die sich „von oben herab behandelt“ fühlten. Er ortet einen „Stilbruch in der Gesellschaft im Hinblick darauf, wie man miteinander umgeht“.
Jahrzehntelang habe es eine gute Gesprächsbasis zwischen Industrie und Gewerkschaft gegeben, mit der Zeit sei die Gesprächskultur jedoch zunehmend „verroht“, sagt auch Gerhard Merckens. Seiner Familie gehört die Merckens Karton- und Pappenfabrik, die seit 2003 von Merckens Sohn Christoph geleitet wird.
„Früher hat man solange miteinander gesprochen, bis man ein Ergebnis gefunden hat, bei dem man sich in die Augen schauen konnte“, sagt Gerhard Merckens, der sich seit Jahrzehnten im Arbeitskreis Kirche und Wirtschaft engagiert und den Kongress christlicher Führungskräfte gegründet hat. „Die Verrohung der Gesprächskultur sehe ich vordringlich in der Politik, aber gerade in letzter Zeit auch mehr bei der Gewerkschaft.“
Die Angebote der Arbeitgeber für die Metallbranche (zur Zeit des Gesprächs mit der Kirchenzeitung 2,5 Prozent plus Einmalzahlungen; Montagabend sprach die Arbeitgeberseite von durchschnittlich 8,2 Prozent, allerdings bei Einrechnung von Einmalzahlungen) bezeichnet Fritz Käferböck-Stelzer als „weit weg von der Realität und der Höhe der Inflation“. Ein Streik sei das letzte Mittel, um das Gegenüber wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Streiks und Demonstrationen seien auch ein Weg, die Gesellschaft darauf aufmerksam zu machen, „dass es um etwas geht“. Einen Streik hält Merckens zwar für verständlich, „aber wenn ich mich nach sechs Verhandlungsrunden immer noch nicht mit den Gedanken und Argumenten des anderen auseinandergesetzt habe und auf den Forderungen beharre, dann ist das von Anfang an nicht ganz einfach.“ Er selbst habe sich jahrzehntelang bemüht, auf die Sichtweise seines Gegenübers einzugehen.
Es sei alarmierend, wie stark der „Wert des Menschen gefallen ist“, sagt Käferböck-Stelzer. Das hänge mit der neuen Form des Wirtschaftens zusammen. „Oft kommen die Führungskräfte von außen, vielen fehlt das Gespür und die Verbundenheit mit dem Betrieb.“ Die Arbeitenden würden oft als Nummern, als Kostenfaktor betrachtet.
Im Unternehmen Merckens gebe es nur wenige Wechsel, das Interesse sei groß, Mitarbeiter:innen viele Jahre zu halten. „Es ist Aufgabe jedes Unternehmens, eine Umgebung für die Mitarbeiter zu schaffen, in der sie sich wohlfühlen. Wenn mir der Mitarbeiter gleichgültig ist, bin ich ihm wahrscheinlich auch gleichgültig“, sagt Gerhard Merckens.
Unternehmer:innen und Mitarbeiter:innen sollen Partner sein, nicht Gegner.
Fritz Käferböck-Stelzer ist überzeugt, dass die jährlichen KV-Verhandlungen ein Fixpunkt im Jahresprogramm der Kirche werden und sich die Institution klar an der Seite der Arbeitnehmer:innen positionieren sollte. Diesen Vorschlag habe er in seinem Dekanat bereits eingebracht.
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