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Mitten im November 2020, kurz nach Beginn des zweiten Lockdowns und als die Auslastung auf den Corona-Stationen der Krankenhäuser drastisch anstieg, hat das Virus auch Johann Silberhumer erreicht: „Mein Zustand verschlechterte sich innerhalb kurzer Zeit rapide, ich bekam 41 Grad Fieber und musste ins Krankenhaus“, schildert der Braunauer Diakon, der auch Religion an der dortigen HTL unterrichtet. Zwei Wochen verbrachte er im Spital, eine davon auf der Intensivstation. Trotz der starken Auslastung habe er sich gut versorgt gefühlt: „Viele Leute haben sich um mich gekümmert, von den Ärzten wurde ich ganz genau überwacht.“
Bereits vor seiner Erkrankung habe er Covid-19 sehr ernst genommen, sagt der 62-Jährige: „Wir haben uns mit niemandem getroffen, Abstand gehalten und waren sehr vorsichtig. Vor allem auch deshalb, weil meine Frau Asthma hat.“ Doch das Virus ließ sich nicht aufhalten, einen Tag vor Silberhumer erkrankte seine Gattin. Auch sie musste für eine Woche ins Krankenhaus. „Ich hatte große Angst um sie, auch für die Kinder und unsere Verwandten war es eine schreckliche Situation.“
Ihm und seiner Frau gehe es zwar wieder gut, doch zu hundert Prozent fit seien sie (noch) nicht, sagt der Diakon: „Die Kraft und Kondition, wie ich sie früher hatte, fehlen. Ich fahre normalerweise sehr gerne Rad, das ist zur Zeit aber nicht möglich.“ Außerdem würden die Corona-Symptome in Form von „Flashbacks“ gelegentlich zurückkehren, etwa wenn Silberhumer einen Wäschekorb von einem Stockwerk ins andere trägt: „Dann bekomme ich schwer Luft oder Herzrasen. Meine Frau klagt manchmal über ein komisches, taubes Gefühl auf der Haut. Und das, obwohl das Ganze schon drei Monate her ist.“ Die Ärzte hätten ihm geraten, sich bei Atemnot nicht hinzulegen, sondern etwa auf einen Stuhl zu setzen und ein paar Mal tief ein- und auszuatmen. „Liegen belastet die Lunge, deshalb war es lange Zeit auch kaum für mich möglich, überhaupt zu schlafen.“
Auf die Frage, wie das Umfeld auf seine Erkankung reagiert habe, antwortet Silberhumer so: „Wir hatten schon vorher Impfgegner/innen im Bekanntenkreis, die sind es auch jetzt noch. Es gab aber auch welche, bei denen ein Umdenken stattgefunden hat.“ Er selbst werde sich auf jeden Fall impfen lassen und rufe auch andere dazu auf, denn nur so ließen sich die Infektionen möglichst niedrig halten. „Außerdem wünsche ich niemandem, was wir durchgemacht haben. Man muss sich das vorstellen wie einen intensiven Dauerlauf, bei dem man irgendwann keine Luft mehr bekommt – bei Corona ist das Dauerzustand.“
Gegen die Coronamaßnahmen wurde auch in Braunau schon mehrmals demonstriert, wofür Silberhumer nur teilweise Verständnis aufbringt: „Wenn jemand auf die Straße geht, weil er arbeitslos geworden ist oder sein Geschäft verliert, kann ich das nachvollziehen. Es gibt aber auch jene, die nur auf die Zerstörung des politischen Systems aus sind. Diesen Menschen rate ich, nur einen Tag lang als Pfleger oder Pflegerin auf der Covid-Station zu arbeiten, den Anzug anzuziehen, die Masken und das Gesichtsschild aufzusetzen, dann noch die doppelten Handschuhe, und zusehen zu müssen, wie Menschen sterben.“ Die von der Politik getroffenen Entscheidungen, wie etwa die derzeit stattfindenden Lockerungen, sieht Silberhumer als Gratwanderung: „Auf der einen Seite steht der Wunsch nach zwischenmenschlichen Kontakten und wirtschaftlichem Aufschwung, auf der anderen Seite die Gefahr, dass durch die Öffnungen bald der nächste Lockdown droht. In der Haut der Politiker/innen möchte ich nicht stecken.“
Ganz allgemein ist Silberhumer froh, in einem Land mit gutem Gesundheitssystem zu leben. „Wir waren einmal in Tansania, da geht es ganz anders zu. Natürlich gibt es auch bei uns Schwierigkeiten, aber es ist eben für alle die erste Pandemie.“
Für den Religionslehrer Silberhumer ist es eine moralisch-christliche Verpflichtung, seinen Schüler/innen zu vermitteln, wie wichtig das Einhalten der Abstände, das Tragen der Masken und die anderen Regelungen sind. Dazu möchte er ihnen auch seine eigene Situation schildern. Davon abgesehen ist es ihm aber auch ein Anliegen, die Jugendlichen etwas abzulenken. Erfahrungen, die man in dem Alter normalerweise macht – rebellisch sein, das andere Geschlecht kennenlernen, sich von den Eltern einmal abkapseln, das erste Mal auf eine Party gehen – müssen nun großteils warten. „Es ist natürlich auch für sie schwer, mit der derzeitigen Lage zurechtzukommen. Eine verlorene Generation sehe ich jedoch nicht, denn man kann alles nachholen.“ Er glaubt auch nicht, dass die Jungen von heute später schlechtere Berufschancen haben werden: „Nicht alles, was man für den Beruf braucht, lernt man in der Schule.“
In Silberhumers Heimatpfarre Braunau-St. Stephan hätten sich die Menschen sehr über die Wiederaufnahme der Gottesdienste nach dem dritten harten Lockdown gefreut. „Alle haben sich sehr vorbildlich verhalten und sind froh, wieder persönliche Gespräche führen zu können“, erzählt Silberhumer. Er selbst und seine Frau haben das Ende des Lockdowns ebenfalls sofort genutzt: „Wir waren beide beim Friseur.“
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