Sie starten im September in Ihr letztes Schuljahr vor der Pension. Warum sind Sie ursprünglich Lehrer geworden?
Hans Gruber: Ich war vor 35 Jahren noch im Orden der Salesianer Don Boscos, und als ich ausgetreten bin, war es naheliegend, dass ich mit meiner Theologieausbildung Religionslehrer werde. Ich wollte in die Oberstufe, da habe ich die größeren Chancen gesehen, mit den Jugendlichen was zu machen, was dann auch wirklich nachhaltig ist und sich entsprechend auswirkt. Das wird eben auch in unserem Hilfsprojekt gut sichtbar.
Das heißt, eigentlich sind Sie schon mit der konkreten Vorstellung in Ihren Lehrerberuf reingegangen, Hilfsprojekte durchzuführen?
Hans Gruber: Nein, eigentlich nicht. Dass ich Projekte mache, das hat sich dann irgendwie so ergeben, das war so wie die Jungfrau zum Kind kommt, das haben Schüler vor 20 Jahren initiiert. Zwei Schüler der HTL Steyr wollten mit einem Preisgeld, das sie für eine technische Innovation erhalten hatten, etwas Gutes tun. Ich war gerührt, dass sie helfen wollten. Gemeinsam haben wir uns entschieden, den Salesianern Don Boscos in Ecuador unter die Arme zu greifen bei einem Projekt, das Jugendliche von der Straße wegholte und ihnen eine technische Ausbildung ermöglichte.
Ein paar Jahre später führten Sie die erste alternative Maturareise, also einen Hilfseinsatz von HTL-Absolventen in Peru durch. Was kann man sich darunter genau vorstellen?
Hans Gruber: Bei einem zufälligen Besuch in den Slums im Jänner 2010 kam ich mit der extremen Armut in Peru in Berührung. So habe ich im Jahr 2013 das Projekt „Mochila de Esperanza“ – „Rucksack der Hoffnung“ mitgegründet. Es ermöglicht seither tausenden Kindern aus dem Armenviertel den Schulbesuch. Dadurch sind wir darauf aufmerksam geworden, was die Bewohner des Armenviertels sonst noch brauchen. 2016 haben wir bei der ersten Maturareise in die Slums eine Stiege mit 241 Stufen errichtet. Da haben wir den Beton händisch zusammengerührt und alles mit Kübeln hinaufgetragen. Die Stiege ermöglicht seither den Kindern einen sicheren Schulweg. Zwei Jahre später haben wir dort noch einen Sportplatz betoniert.
Die Corona-Pandemie war eine große Herausforderung für das Projekt. Können Sie kurz schildern, was die Auswirkungen waren?
Hans Gruber: Kurz vor Corona renovierten wir noch eine kleine Schule in diesen Armenvierteln von Pamplona Alta in Lima, die wir bisher aber leider noch nicht fertigstellen konnten. Das Geld mussten wir 2020 bis 2022 für die Ernährung der Familien verwenden, die als Tagelöhner im Lockdown kein Einkommen mehr hatten, nicht einmal mehr ein Hungertuch zum Nagen. Damals unterstützten wir finanziell durch Ernährungsprogramme mehr als 2000 Familien und konnten vielen Menschen das Leben retten. Einige sind aber leider trotzdem gestorben.
Auch im heurigen Sommer waren Sie in Peru. Wie lief das dieses Mal ab?
Hans Gruber: Dieses Mal war es mehr eine Kulturreise mit dem Schwerpunkt „Besuch der Projekte“, weil wir nicht die nötige Vorbereitungszeit für einen Hilfseinsatz hatten. Dafür war ich gleich mit zwei Maturajahrgängen in Südamerika.
Wie läuft das Projekt an der HTL Steyr, wie sammeln Sie das Geld für die Hilfsprojekte?
Hans Gruber: Die Schülerinnen und Schüler engagieren sich über den Unterricht hinaus für die Hilfsaktion, und das pro Projektklasse über zwei Schuljahre lang. Bisher gab es jeden Donnerstag in unserem Kulturcafé einen Verkauf von Würsteln, Kuchen und Kaffee und am Tag der offenen Tür der HTL organisierten wir die Gastronomie. Der Erlös daraus kommt dem Projekt zugute. Und manche der HTL-Absolventen aus dem letzten Jahr haben mir gesagt, dass sie ihren ersten Monatssold vom Bundesheer-Präsenzdienst spenden wollen. Das hat mich sehr berührt.
Wer macht sich mehr Sorgen: die Schüler, die mit Ihnen nach Peru fahren, oder ihre Eltern?
Hans Gruber: Schon die Eltern, eindeutig. Die Umgebung des Armenviertels ist auch gefährlich, vor allem in der Nacht. Es kam auch schon einmal zu einem Überfall, bei dem Rucksäcke von Schülern gestohlen wurden. Das ist glücklicherweise glimpflich ausgegangen, weil die Jugendlichen unsere klaren Verhaltensregeln befolgt haben, sich nicht zur Wehr zu setzen. Aber ein Wort noch zu den Eltern: Manche möchten am liebsten selbst mitfahren nach Peru. Mal schauen, vielleicht ist das in Zukunft auch einmal möglich, dass wir das in dieser Weise auf die Beine stellen.
Was sind abseits davon Ihre Zukunftspläne?
Hans Gruber: Unser Anliegen ist nach wie vor, die genannte kleine Schule in den Armenvierteln von Pamplona Alta noch fertigzustellen, wofür uns noch einiges an finanziellen Mitteln fehlt. Wir haben allerdings gute Hoffnung, das in meinem letzten Schuljahr noch zu schaffen. Dazu ist noch eine letzte Reise mit einer kleineren Gruppe an Maturanten 2026 geplant, die sich noch weiter engagieren möchten. Wer immer uns in diesem Anliegen unterstützen möchte, darf natürlich gerne mit mir in Verbindung treten.
Was glauben Sie, werden Sie vermissen, wenn Sie in Pension sind?
Hans Gruber: Die konkrete Arbeit mit den Jugendlichen. Ich fühle mich keinen Deut ausgebrannt oder dergleichen, ganz im Gegenteil. Ja, also die beste Bezahlung war das Vertrauen der Jugendlichen, das ist eindeutig so. Erst vor Kurzem hat mir ein Schüler aus freien Stücken angeboten, mir für die neue Projekt-Homepage den Webmaster zu machen. Für das Engagement der Schüler bin ich äußerst dankbar, und genau das erlebe ich immer als echte Glücksmomente.
Kontakt und Infos zum Projekt über www.rucksackderhoffnung.at
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