Christian Landl ist Diakon und Seelsorger in den Pfarrgemeinden Schörfling, Weyregg und Steinbach am Attersee.
Mehr als zehn Jahre hatte Maryam Yami in Teheran, wo sie wohnte, keine Moschee mehr besucht. Aber sie war auf der Suche – nach einem erfüllten Leben. „Ich habe viele Kurse gemacht, aber keinen Weg gefunden“, erzählt Maryam, die in ihrer alten Heimat als Familientherapeutin arbeitete. Ein – im wahrsten Sinne des Wortes – Geheimtipp einer Arbeitskollegin hat ihr Leben von Grund auf verändert. Die Kollegin lud sie in eine christliche Hauskirche ein. Dort trafen sich an den Wochenenden rund sieben Personen um einen Gemeindeleiter. „Er hat mir gesagt, dass Glaube, Hoffnung und Liebe die Basis der christlichen Religion sind. Da habe ich gespürt: Das ist es.“ Sie habe sich dann ganz schnell für das Christentum entschieden, sagt sie.
Sie war glücklich, gleichzeitig war ihr aber bewusst, dass die Konversion zum Christentum im Iran verboten ist und zu Gefängnis, Folter und häufig auch zum Tod führt. So hat sie vor etwas mehr als einem Jahr die Flucht gewagt. Dass sie nun hier in Linz bei der einjährigen Vorbereitung zur Taufe weiter in den Glauben hineinwachsen kann, erlebt sie als Geschenk. Und sie kehrt nochmals den Unterschied zum Islam hervor: „Im Islam musst du dich immer an Vorschriften halten. Bei Jesus geht es um das Herz.“ Dazu nicken Zhara Yavari und Masoud Mahyar zustimmend.
Das Ehepaar wird gemeinsam mit Maryam getauft. Zhara und Masoud haben sich 2022 an den Demonstrationen beteiligt, die nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini in Teheran ausgebrochen waren und die das Regime brutal niedergeknüppelt hat. Auslöser war der Zwang zur Verschleierung. „Ich bin eine Frau und will nicht wegen Kopftuch und Kleidung sterben. Deswegen waren wir auf der Straße“, betont Zhara. Das genügte, dass die Geheimpolizei in die Wohnung des Paares kam. Zum Glück waren sie nicht zu Hause und wurden gewarnt. Sie tauchten unter und organisierten ihre Flucht. Damit begann ihr Dasein als Asylwerber. Im Lager kreisen die Gedanken stets um die ungewisse Zukunft – vor allem hat man Angst, war ihre Erfahrung. So sind Zhara und Masoud häufig in Kirchen gegangen und haben Kerzen angezündet. „Gott, hilf uns, wir haben hier nix, haben wir gebetet“ schildern sie. „Wir haben dort Ruhe und Trost gefunden.“ Eine Betreuerin, die das Interesse der beiden für Religion bemerkte, gab den Anstoß, Kontakt mit einer Kirche aufzunehmen. Das es die katholische wurde, hat mit Maria zu tun. „Maria hat zu Gott Ja gesagt. Dass eine Frau in einer Religion eine so große Rolle spielt, ist für mich als Frau wichtig“ meint Zhara. Wie Maryam vergleicht auch sie den Islam mit dem Christentum: „Wir waren nicht frei, und das alles wegen des Islam. Wir hatten vor Gott Angst.“ Und sie fasst das Christentum in einem Satz zusammen: „Hier haben wir gelernt: Gott ist nur Liebe und Barmherzigkeit.“ Dass die drei Asylwerber aus dem Iran mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft blicken können, hängt wesentlich an der Taufgruppe, die die Seelsorgerin Angelika Danner leitet. Sie begleitet seit 2017 Farsi (Persisch) sprechende Erwachsene Taufwerber:innen in Linz. Diese treffen sich ein bis zwei Mal im Monat. Derzeit gehören etwa 20 Personen dazu, einige sind schon getauft.
Angelika Danner ist dankbar für ihre Arbeit, weil sie so viele Hoffnungs- und Heilungsgeschichten in ihrer Gruppe hört: „Mein eigener Glaube wird dadurch ständig erneuert.“ Sie weist aber auch auf die zweite tragende Säule der Taufvorbereitung hin: auf eine Pfarrgemeinde. Aus ihrer Erfahrung ist die Integration in eine Deutsch sprechende Pfarre unumgänglich: „Die Familien-Pfarre ist in dieser Beziehung eine Vorzeige-Pfarre.“ Mit Ewald und Andrea Hofer sowie Harald Krenn ließen sich engagierte Taufpaten finden. Sie leben ihr Patenamt als Mischung aus praktischer Hilfe im Alltag, persönlicher Freundschaft, Einbeziehung in die eigene Familie und religiöser Begleitung. Alle drei Paten und natürlich auch Pfarrer Christian Zoidl freuen sich auf den großen Tag, den 14. September, an dem Zhara, Masoud und Maryam die Taufe empfangen und – wie es bei Erwachsenen vorgeshen ist – auch die Firmung und die heilige Kommunion. Bei aller Hochstimmung vor dem Fest erinnert aber Kurt Rohrhofer, ein Pfarrmitarbeiter, daran, den langen und dornigen Weg bis zu einem ständigen Aufenthaltstitel nicht zu vergessen. Aber jetzt überwiegt einmal die Freude – die eine tragende Säule des Glaubens ist, wie Maryam erzählt: „Wenn man als Flüchtling kommt, ist man wirklich ganz allein. Mit allem. Da bedeutet einem jedes Lächeln und Lachen viel, sehr viel sogar.“ Und sie weist darauf hin, dass in der Familien-Pfarre viel gelacht wird: „Ich glaube, das beudeutet Christentum.“
Christian Landl ist Diakon und Seelsorger in den Pfarrgemeinden Schörfling, Weyregg und Steinbach am Attersee.
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
Die KIRCHENZEITUNG bietet vielfältige Angebote für Pfarren:
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>