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Friede ist, wenn die Waffen schweigen. Oder auch viel umfassender: wenn die Welt gerecht ist, wenn das Leben ökologisch nachhaltig gestaltet ist. Je gerechter eine Gesellschaft empfunden wird, so erklärt der Friedensforscher Thomas Roithner von der Uni Wien, desto weniger konfliktträchtig ist sie. Aber schaffen das die Menschen überhaupt – eine Welt herzustellen, die alle als gerecht empfinden? Die Friedens- und Konfliktforschung arbeitet an Fragen wie dieser. Wirtschaftlicher Wohlstand und die Teilhabe von möglichst vielen Menschen daran stärkt jedenfalls den Frieden, der seit 1945 in Österreich und im Großteil Europas herrscht. Ein weiteres wichtiges Element der Friedenssicherung ist die Zusammenarbeit von Staaten in multilateralen Organisationen.
Dass die europäischen Staaten in der EU und in der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) sowie in den Vereinten Nationen international zusammenwirken, hat laut Roithner einen großen Vorteil gegenüber der Kooperation von nur jeweils zwei Staaten. Während sich etwa der US-amerikanische Präsident Donald Trump mit Vier-Augen-Gesprächen gerne als „Deal-Maker“ zeigt, strukturieren die multilateralen Organisationen Prozesse. Gerade kleine Staaten wie Österreich sollten großes Interesse daran haben, dass die internationalen Organisationen stark bleiben, trotz aller Versuche, sie zu umgehen: „Wenn die Mitgliedsstaaten den UNO-Sicherheitsrat nicht fragen, bevor sie militärisch aktiv werden, ist das ein Rückschritt!“
Neben der institutionellen Dimension von Frieden ist die wirtschaftliche Dimension wichtig. Dabei geht es sehr oft um die Frage der Ressourcen. Bereits jetzt hat die Hälfte der Kriege mit Ressourcen zu tun. Neben Diamanten oder der Frage, wer Land benützen darf, geht es um Rohstoffe, die für Handys und Laptops gebraucht werden. „Je knapper die Ressourcen werden, desto häufiger werden Konflikte zwischen oder innerhalb von Staaten“, sagt Roithner. Auch Folgen des Klimawandels spielen bereits eine immer stärkere Rolle.
Destabilisierend wirkt, dass Verträge zur Rüstungskontrolle und Abrüstung aufgeweicht werden, besonders über Atomwaffen. Es geht nicht nur um die große Atombombe, sondern um sogenannte Mini Nukes, kleinere Atomwaffen mit dennoch verheerender Wirkung. Solange etwa die USA sagen (und das vertrat auch Friedensnobelpreisträger Barack Obama), sie würden ihre Atomwaffen erst nach allen anderen vernichten, kommt keine Bewegung in die Sache. Staaten wie Österreich haben in diesen Fragen eine besondere Position, weil sie weniger in Blöcke involviert sind. Diese Chance sollten sie nützen.
Um Kriege und gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern, braucht es nichtmilitärische Mittel zur Konfliktlösung. Ein außenpolitisches Instrument, das Deutschland 1999 zur weltweiten Friedensförderung einführte, ist der Zivile Friedensdienst. Er ist kein Auslandszivildienst und kein freiwilliges soziales Jahr für junge Leute. Der Zivile Friedensdienst ist ein eigenes Berufsfeld für erfahrene, gut ausgebildete Fachleute, die bereit sind, in konfliktreiche Länder zu gehen und dort gemeinsam mit Partnerorganisationen friedensfördernd zu wirken.
Im aktuellen Regierungsprogramm findet sich im Kapitel Außenpolitik die Absicht, die Einrichtung eines österreichischen Friedensdienstes zu prüfen. Im Außenministerium ist jedoch zu erfahren, dass die Pläne aufgrund der Corona-Pandemie vorerst auf Eis liegen. Wenn der Friedensdienst eingeführt wird, würden unter anderen kirchliche Organisationen intensiv mit dem Außenministerium zusammenarbeiten. NGOs tragen auch in Deutschland den Zivilen Friedensdienst, in enger Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt.
Bischof Hermann Glettler unterstützt die Friedensdienst-Idee, wie er am Rande einer Feier zum 90. Geburtstag der Friedensaktivistin Hildegard Goss-Mayr betonte: „Nur einen Bruchteil von Intelligenz, Logistik und Kapital nicht mehr in Waffentechnologie und -handel sowie in militärische Aufrüstung zu investieren, sondern in Maßnahmen und Projekte der Konfliktbearbeitung und nachhaltigen Friedenssicherung, würde schon einer humanitären Revolution gleichkommen.“ Corona hat die Einführung des österreichischen Zivilen Friedensdienst eingebremst. Es gibt aber Hoffnung, dass sie bald wieder Fahrt aufnimmt.«
Der Friedensforscher Thomas Roithner lehrt am Institut für Politikwissenschaften der Uni Wien. Mit Pete Hämmerle engagiert er sich im Internationalen Versöhnungsbund für die Einführung eines Zivilen Friedensdienstes in Österreich.
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