Es war kurz nach dem 14. Oktober, dem Muttertag in Weißrussland, als Anna erfuhr, dass ihr Sohn Lymphknotenkrebs hat. „Ilja war immer sehr müde, deswegen waren wir beim Arzt. Die Diagnose war ein großer Schock für uns“, berichtet die 38-Jährige der Kirchenzeitung über diese Zeit vor knapp eineinhalb Jahren. A
lle Sorgen um die Gesundheit ihres Sohnes lasteten auf ihren Schultern, denn sie allein erzieht Ilja und seinen jüngeren Bruder. Schon bald mussten Ilja und Anna ihr Heimatdorf für die Behandlung in einem Krankenhaus in der Nähe von Minsk verlassen. Der jüngere Sohn blieb bei der Oma. „Es war schwierig für mich ihn alleine zu lassen“, erzählt Anna.
Ilja tankte immer wieder Kraft an der frischen Luft.
Sie und Ilja pendelten fortan zwischen dem Kinderonkologiezentrum und dem ganz in der Nähe gelegenen Caritas-Zentrum St. Lukas, wo Eltern mit ihren krebskranken Kindern für die Dauer der Behandlung kostenlos wohnen können. Jedes Kind kann so lange bleiben, wie es notwendig ist.
Besonders bedürftige Familien können sich nur dank des Zentrums die Unterkunft und damit die Therapie für ihre Kinder leisten. 19 Kinder, die an Krebs erkrankt sind, und ihre Begleitpersonen sind zeitgleich im Zentrum untergebracht. Es wurde 2004 errichtet und zur Gänze mit Spenden aus Oberösterreich finanziert.
In der ersten Zeit fiel es Ilja schwer, sich an einen neuen Ort und eine neue Umgebung zu gewöhnen. Untersuchungen, Chemotherapien, schier endlose Infusionen, Injektionen und Tabletten prägten den Alltag in der Klinik. Auch für seine Mutter war es eine schlimme Zeit: „Alles wird von der Krankheit bestimmt. Zum Nachdenken bin ich nur in der Nacht gekommen“, erzählt sie.
Für die Unterbringung im Zentrum St. Lukas war sie jedenfalls sehr dankbar: „Für uns war es sehr wichtig, dass wir nicht die ganze Zeit im Krankenhaus bleiben mussten, vor allem für meinen Sohn. In der Kinderkrebsklinik sind viele Kinder, denen es sehr schlecht geht oder die im Sterben liegen.“
In St. Lukas konnte Ilja mit anderen Kindern spielen, wenn er nicht zu müde war. „Wir Mütter haben uns auch angefreundet, die gemeinsame Gesprächsgruppe war sehr wichtig“, betont Anna. Auch der Glaube habe ihr sehr geholfen: „In unserer Familie gibt es Orthodoxe, Baptisten und Katholiken. Wir alle haben zum selben Gott für die Gesundheit von Ilja gebetet.“
Nach sechs Monaten konnte die Familie das Caritas-Zentrum wieder verlassen, das ist nun bald ein Jahr her. Ilja kehrte schnell in sein Heimatdorf zurück. Er kann sich nun endlich wieder um seine geliebten Haustiere kümmern und seiner Mutter ein leckeres Frühstück zubereiten. „Ich gehe nun in eine andere Schule und habe schon viele neue Freunde gefunden. Am liebsten mag ich Mathematik, Physik und Englisch“, erzählt Ilja, der noch immer zu medizinischen Kontrollen muss.
„Wir hoffen, dass er alles überstanden hat und gesund bleibt“, sagt Anna. Für die Zukunft wünscht sie sich außerdem, dass Ilja sich einen Traum erfüllen und Programmierer werden kann. Für seinen kleinen Bruder hofft sie, dass ihm schwere Krankheiten erspart bleiben.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit der Caritas OÖ.
Große Teile der Bevölkerung in Weißrussland leiden bis heute an den Folgen der Nuklear-Katastrophe in Tschernobyl im Jahr 1986. Damals zerstörten zwei Explosionen einen der vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks und schleuderten radioaktives Material in die Atmosphäre, das weite Teile Weißrusslands verseuchte.
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