Dieser Geschichte der Solidarität unter „unmöglichen Bedingungen“ wollte er ein Denkmal setzen. Am 20. Februar, dem Welttag der sozialen Gerechtigkeit, präsentierte er sein Buch in Linz.
„Die Caritas begann im Mai 1945 sofort zu arbeiten – als die Russen noch nicht da und die Nazis noch nicht weg waren“, sagt Küberl. Lebensmittel wurden gesammelt und verteilt – in einem Land, in dem fast jeder Mensch in Not war und ein Großteil der Infrastruktur und viele Wohnungen durch den Krieg zerstört. „1945 ist jeder dritte Säugling verstorben“, nennt Küberl ein Beispiel der furchtbaren Bedingungen. Schon 1945 schickte die Caritas die ersten Kinder auf Erholung. Beim Caritas-Suchdienst waren 250.000 Menschen gemeldet.
„Immer zu wenig“ war und sei auch heute die Erfahrung, die soziale Arbeit präge. Es trotzdem zu tun, sei Aufgabe der Caritas, sagt Küberl. Das sei auch in den schweren Jahren nach dem Krieg möglich gewesen, weil es der Caritas und der Kirche gelungen sei, solidarische Strukturen aufzubauen. „Das Innere vieler Menschen war intakt“ – sie halfen und spendeten, obwohl sie selbst wenig zum Leben hatten.
Hintergrund der breit getragenen Hilfe vor allem durch das Netzwerk der Pfarren war ein Gesinnungswandel in der Theologie nach dem Zweiten Weltkrieg. Vorher galt soziales Engagement als gute Möglichkeit, jetzt wurde Nächstenliebe als zentrale Aufgabe jeder Christin und jedes Christen verstanden.
Die Macht der Bischöfe stand hinter der Caritas der Diözesen, die 1945 als Zusammenschluss von Sozialverbänden (wieder-)gegründet wurden. Bemerkenswert sei, so der ehemalige Caritas-Direktor, dass die katholische Jugend nach 1945 Soziales als Teil ihrer Identität verstanden habe, die jungen Christ:innen seien „Hände und Füße der Caritas“ gewesen. Das habe sich später aber verschoben.
Die Arbeit von Hilfsorganisationen wäre in den ersten Jahren nach dem Krieg ohne Hilfe aus dem Ausland undenkbar gewesen. Weltkirchliche Strukturen halfen der Caritas dabei enorm. Hilfe für das arme Österreich kam aus der Schweiz und von Katholik:innen aus den USA. „Jede katholische Familie sollte wenigstens eine Konservendose zur Verfügung stellen“, berichtet Küberl.
Der Weg Richtung Normalisierung zeichnete sich 1951 für die österreichische Caritas ab, als sie selbst bei einer Überschwemmung in Italien die erste große Auslandshilfeaktion organisieren konnte.
Caritas-Direktor Franz Kehrer zog in seinem Eingangsstatement bei der Buchpräsentation Parallelen zur Not und Hilfe am Linzer Bahnhof in den Jahren 1945, 2015 („Flüchtlingskrise“) und 2022 (Ukraine-Krieg). 600.000 Flüchtlinge hielten sich 1945 in Österreich auf, davon 426.000 „Volksdeutsche“.
Wie der Bahnhofssozialdienst der Caritas von Anfang an jenen, die alles verloren hatten, konkret half, beschreibt Küberl in seinem sehr informativen Buch. „Es gab Anfeindungen und Anfechtungen. Die Caritas hat standgehalten und die Nerven bewahrt“, berichtet Franz Küberl.
Buchtipp: Franz Küberl, Von der Kriegs- zur Friedens-Caritas. Ihre Pionierarbeit in Österreich 1945–1951, Wagner Verlag, Linz 2024, € 28.–
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