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Welche Auswirkungen hat die Coronakrise auf die Landwirtschaftskammerwahl?
Karl Dietachmair: Wir haben intensiv auf die Briefwahlmöglichkeit hingewiesen, nicht zuletzt mit Blick auf den Schutz der älteren Wählergruppe. Dennoch wird ein relevanter Anteil der Wahlberechtigten in den Wahllokalen wählen, die es fast in jeder Gemeinde gibt. Gewählt werden ja nicht nur die 35 Vertreter/innen in der Kammervollversammlung, sondern es werden auch 3.236 Mandate in den 424 Ortsbauernausschüssen vergeben.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft führt zu einer geringeren Zahl von Betrieben, die aber im Durchschnitt größere Flächen bewirtschaften. Wirkt sich das auf die Zahl der Wahlberechtigten aus?
Dietachmair: Weniger als man denken würde: Der agrarische Strukturwandel führt in der Regel nicht dazu, dass jemand seinen Hof verkauft und in die Stadt zieht, sondern dazu, dass Flächen verpachtet werden. Die Grundeigentümer sind bei uns wahlberechtigt. Heuer sind 129.178 Personen wahlberechtigt, bei der letzten Wahl waren es rund 137.000.
Die österreichische Landwirtschaft gilt im EU-Vergleich als kleinteilig. Wird sich das ändern?
Dietachmair: Davon gehe ich nicht aus, denn der Strukturwandel ist in anderen Ländern viel stärker ausgeprägt als bei uns. Selbst in Oberösterreich ist er sehr unterschiedlich und in Berggebieten weniger zu sehen als in Gunstlagen.
Verlässt man die Stadt, sieht man im Wesentlichen landwirtschaftlich geprägte Landschaft. Ist diese Prägung den Menschen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund ausreichend klar?
Dietachmair: Eine Umfrage unter unseren Kammermitgliedern hat im Vorjahr ergeben, dass die Bäuerinnen und Bauern ihr „Image“ in der Bevölkerung als nicht so gut wahrnehmen. Deshalb ist uns das Thema Wertschätzung sehr wichtig. Wobei es nicht allein durch eine PR-Kampagne der Landwirtschaftskammer zu einem Wandel kommen kann, sondern durch die Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern selbst: Sie sind die authentischen Botschafter. Wir sehen, dass sich Betriebe, die intensive Kontakte mit den Konsumenten haben – durch Direktvermarktung oder Urlaub am Bauernhof – sehr viel positiver wahrgenommen fühlen.
Während des Lockdowns im Frühjahr 2020 war die Lebensmittelsicherheit erstmals seit langer Zeit wieder ein Thema. Hat das zu mehr Wertschätzung geführt?
Dietachmair: Ja, hier gab es eine Veränderung. Auch das Bewusstsein für die Qualität der Lebensmittel ist gestiegen, wie man am gestiegenen Absatz aus dem Biobereich und anderen Qualitätsprogrammen sieht. Wie nachhaltig diese Entwicklung ist, werden wir sehen.
Hatte der Brexit Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Oberösterreich?
Dietachmair: Auch wenn wir nicht zu den klassischen Lebensmittelexporteuren nach Großbritannien gehören, gibt es doch indirekte Auswirkungen über den europäischen Markt: Großbritannien kann nur rund 60 Prozent der benötigten Lebensmittel selbst erzeugen, der große Rest wird aus dem europäischen Markt importiert. Daher war es sehr wichtig, dass es zu keinem harten Brexit gekommen ist und die Zollfreiheit erhalten blieb.
Was sind denn 2021 die großen politischen Herausforderungen für die Landwirtschaftskammer?
Dietachmair: Es stehen wichtige Entscheidungen an. Auf europäischer Ebene wird die Agrarpolitik neu ausgestaltet. Wichtige Themen sind hier Umwelt- und Klimaschutz sowie Biodiversität. Wir laufen Gefahr, dass die landwirtschaftliche Produktion in Länder außerhalb der EU mit deutlich weniger Klimaschutzvorgaben verlagert wird. Das ist aber kein guter Dienst an Umwelt und Klima. Erhöhte Umweltstandards in der EU müssen daher von entsprechenden handelspolitischen Regelungen ergänzt werden. Auf nationaler Ebene haben wir aufgrund der Coronakrise eine angespannte Situation auf dem Fleischmarkt. Darüber hinaus drängen wir auf eine deutlichere Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln. Und in der Bioenergieproduktion braucht es eine Anschubfinanzierung, zum Beispiel für ein einsatzfähiges Verfahren zur Holz-Dieselproduktion.
Wie schätzen Sie das Verhältnis von Landwirtschaft und Kirche ein?
Dietachmair: Die Bäuerinnen und Bauern haben traditionell eine engere Bindung an die Kirche als andere Bevölkerungsgruppen, aber sie ist nicht mehr so eng wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Wir spüren eine große Wertschätzung für die Landwirtschaft bei Bischof Scheuer. Diskussionsbereiche gibt es bei den Themen Umwelt, Ökologie und Lebensmittelkonsum. Betriebe mit Tierhaltung spüren generell einen großen, gesellschaftlichen Druck. Wenn dieser punktuell auch von kirchlichen Vertretern kommt, ist das oft besonders schmerzhaft. Hier ist ein intensiver Dialog wichtig, den wir führen wollen, um mehr Verständnis für die Anforderungen und Notwendigkeiten der modernen Landwirtschaft zu schaffen.«
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