Es erfordert Geschick und Kraft, die Bananenfruchtstände mit der Machete von der Staude zu schneiden. Damit die „Büschel“ nicht zu Boden fallen und leichter transportfähig sind, werden sie an einer Seilkette gehalten. In einem nächsten Schritt landen sie auf der Schulter eines Plantagenarbeiters, der die 20 bis 30 Kilo schweren Fruchtstände auf eine mechanische Beförderunganlage hängt. Von dort geht es für die „Büschel“ quer durch die 30 Hektar große Bananenplantage zur Weiterverarbeitung.
Edwin Melo Proaño macht sich Sorgen. Der Präsident der Bananenkooperative ASOGUABO im ecuadorianischen El Guabo ist dabei, vorbeugende Maßnahmen umzusetzen gegen einen gefährlichen Pilz. In Ecuador ist Fusarium Tropical Race 4, kurz TR4 genannt, zwar noch nicht angekommen, aber im Nachbarland Kolumbien wurde er heuer erstmals auf Plantagen entdeckt. „Es handelt sich um eine tödliche Krankheit. Wenn die Pflanze befallen wird, trocknet sie aus und stirbt ab. Ganze Plantagen können dadurch zerstört werden. Die Produktion bricht dann zusammen. Für die Konsumenten würde das bedeuten, dass es weniger Bananen gäbe, die entsprechend teurer wären“, sagt der Ökonom.
TR4 ist ein neuer Stamm eines Pilzes, den es in den 1990er Jahren schon einmal gab (bekannt als TR1) – in Ost- und Südostasien, Australien, den Nahen Osten und Afrika. Er löschte die damals vorherrschende Bananensorte aus. Deswegen wurde in Folge die jetzige Cavendish-Sorte gezüchtet, die gegen TR1 resistent war. „Gegen den nun neu aufgetauchten Stamm TR4, der nun in Kolumbien nachgewiesen wurde, gibt es bis jetzt leider keine resistenten Sorten. Auch wenn man sie züchten würde, wäre es für die Produzenten ein enormer Aufwand, sämtliche Bananenstauden auszutauschen und neu anzupflanzen“, erklärt Edwin Melo Proaño.
Ein Grund, warum ein einziger Pilz riesige Plantagen so schnell befallen und zerstören könne, liege daran, „dass derzeit leider viele Bananenproduzenten immer noch auf den konventionellen Monokulturanbau und auf große Plantagen setzen“, sagt Bernhard Moser von Fairtrade Österreich. „Ein Umstieg auf Bio- und Mischanbau mit verschiedenen Pflanzenarten zwischen den Bananenstauden würde dem entgegenwirken, da sich dadurch die gesamte Bodenkultur verbessert.“ Bei Edwin Melo Proaño ist das der Fall. Seine Bananenkooperative gibt es nun seit 23 Jahren. „Wir waren damals eine Pionierorganisation im Bereich Fair-Trade in Ecuador.“ Die Kooperative umfasst 130 Produzenten, die über drei Provinzen verteilt sind: El Oro, Azuay, Guayas. Insgesamt arbeiten dort 1200 Menschen. Es handelt sich um Familienbetriebe, die alle Kleinproduzenten sind – das entspricht auch dem Fair-Trade-Standard, laut dem ein Betrieb nicht mehr als 30 Hektar besitzen darf. Die gesamte Kooperative umfasst insgesamt 96 Hektar, die bewirtschaftet werden.
Der Ecuadorianer war früher Bauer im traditionellen, konventionellen System. Nach seinem Umstieg auf den Fairtrade- und Bioanbau haben sich die Lebensbedingungen für ihn und seine Familie komplett verändert. „Besonders wichtig ist, dass ich Investitionen tätigen kann, die vorher durch die großen Preisschwankungen nicht möglich waren. Nun ist der Preis über das ganze Jahr hinweg stabil durch den Fairtrade-Mindestpreis. Dazu kommt, dass die Bananen garantiert abgenommen werden und es zusätzlich Prämien gibt. Das bedeutet Nachhaltigkeit durch Stabilität, das bietet Sicherheit und schafft Ruhe.“ Die Zusammenarbeit mit Edwin Melo Proaño und Fairtrade Österreich besteht seit 7 Jahren. „Unsere Organisation versucht immer, auch den Bioanbau zu fördern. Fairtrade heißt ja nicht automatisch Bio. Viele Kooperativen, die sich Fairtrade anschließen, lassen sich in einem zweiten Schritt biozertifizieren. Durch eine Prämie wird dieser Umstieg gefördert. Das heißt, wenn eine Kooperative wie die von Edwin Melo Proaño zusätzlich auf Bioanbau setzt, dann muss zur Fairtrade-Prämie noch eine Fairtrade-Bioprämie bezahlt werden“, erzählt Bernhard Moser.
Mit Hilfe der Fairtrade-Prämien können zusätzlich viele Programme in den verschiedensten Bereichen unterstützt und umgesetzt werden – sowohl in der Bananenproduktion als auch im Sozial- und Bildungsbereich. „Davon profitieren nicht nur die Produzenten, Arbeiter und Angestellten, sondern auch die Bewohner rund um die Kooperative“, sagt Edwin Melo Proaño stolz. Die Liste der Projekte ist lang: So werden z. B. regelmäßig Bodenanalysen durchgeführt; eine Biofabrik wurde umgesetzt, wo gesunde Mikroorganismen für den Boden gezüchtet werden, die dann zur Bodenverbesserung eingesetzt werden; Recycling-Sammelstellen für Plastik und Altöl sind eingerichtet worden; Trinkwasseraufbereitungsanlagen wurden gebaut und Wiederaufforstungsprojekte gestartet; es gibt Gesundheitsprogramme, eine Ambulanz mit Apotheke wurden errichtet, wo Ärzte beschäftigt werden; Klassenzimmer und Sanitärbereiche in Schulen sind gebaut worden.
Im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck stellt sich natürlich die Frage, wie nachhaltig ist der Konsum exotischer Früchte? Der Transportweg per Schiff oder Flugzeug z. B. von Ecuador nach Österreich ist lang; der CO2-Ausstoß, der dabei verursacht wird, hoch; der Anbau großteils durch Monokulturen schädigt die Böden. „Das grundsätzliche Problem, dass Bananen einen weiteren Weg hinter sich haben als der Apfel aus der Region, kann man nicht entkräften. Es ist natürlich besser, den Apfel vom Nachbarn zu essen als die Banane aus Ecuador. Aber wenn Menschen Produkte kaufen wollen, die es bei uns nicht gibt, wie Bananen, Orangensaft oder Kaffee, dann sollen sie zumindest keine ausbeuterischen Bedingungen fördern, sondern den fairen Handel, indem sie zu Fairtrade- und biozertifizierten Produkten greifen“, argumentiert Bernhard Moser. In den österreichischen Supermärkten sind 98 Prozent der angebotenen Bananen bio- und Fairtrade-zertifizierte Früchte. „Wir wollen nicht den Bananenhandel fördern, sondern wir wollen den Handel, den es gibt, fairer gestalten. Das ist unser Anliegen.“
Es ist viel zu tun auf der Bananenplantage. Die grün geernteten Früchte werden nach Größe sortiert, ins Wasserbad gelegt, gewogen, desinfiziert, mit Fairtrade-Etiketten beklebt und zum Transport in Kartons verpackt. Edwin Melo Proaño exportiert seine Bananen zu 95 Prozent nach Österreich, Deutschland, Italien, Belgien und Neuseeland. Die restlichen fünf Prozent gehen in die USA und nach Kanada. Generell ist Ecuador der weltweit größte Bananenexporteur.
Nun ist man dabei, sich gegen den gefährlichen Pilz zu rüsten. Ein Aktionsplan, der sich an Maßnahmen der Regierung zur Sicherheit der Produzenten anlehnt, läuft, sagt Edwin Melo Proaño. Da der Pilz über Bodenpartikel übertragen wird, braucht es Anlagen zur Desinfizierung sowohl in den Betrieben als auch auf den Sammelstellen der Bananen. Gewaschen und desinfiziert werden z. B. die Schuhe der Arbeiter bzw. von jeden, der in die Anbaugebiete geht. Das Gleiche gilt für Fahrzeuge. Darüber hinaus werden Fortbildungen und Gespräche durchgeführt mit allen Produzenten zur Bewusstseinsbildung bezüglich dieses Schädlings. Nach Einschätzung von Bernhard Moser ist Edwin Melo Proaño mit seiner Kleinbauernkooperative, den Fairtrade-Strukturen und den Bio- und Mischanbau relativ gut gegen den Pilz gewappnet.
- Infos unter: www.fairtrade.at
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