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Ein Blatt Papier und einen Stift: Mehr braucht es nicht, um ins neurokreative Zeichnen einzusteigen. „Es geht dabei nicht um die Schaffung von Kunst, sondern vor allem darum, von einem Problem zur Lösung zu kommen“, sagt Lebens- und Sozialberaterin Sandra Pilz mit eigener Praxis in Losensteinleiten/Wolfern.
Sie gibt unter anderem Kurse zur Methode „Neurodings“, erfunden von Sylvia Grübl, Trainerin im Bereich Lebensberatung und Weiterbildung. „Neuro“ steht für Neuronen, jene spezialisierten Nervenzellen im Gehirn, die Reize und Informationen von A nach B transportieren. „Dings“ umfasst alles Neue, das beim Zeichnen entsteht.
Am Anfang steht ein Problem wie Stress in der Arbeit oder Wut über einen Nachbarn: „Wenn ich in einer solchen Situation bin, reagiere ich mit einem bestimmten Denk- und Verhaltensmuster. Mit dem Zeichnen versuchen wir neue Wege zu finden und die ausgetretenen Pfade zu verlassen“, erklärt Sandra Pilz.
„Bei Neurodings arbeiten wir mit beiden Händen, teilweise gleichzeitig, teilweise nacheinander. Der Stift wird am oberen Ende und mit der nicht-dominanten Hand gehalten. Wir setzen den Stift an, stimmen uns auf das Thema ein, das uns stresst oder ärgert, und mit dem Ausatmen lassen wir ihn ganz langsam über das Papier ziehen.“ Dabei entstehen wellige, krakelige Striche, die neurokreativen Linien.
Die Atmung spielt eine wichtige Rolle: „Bei Stress fangen wir an, flach zu atmen. Beim Zeichnen wollen wir aber tief in den Bauch atmen. Wenn wir das beim Zeichnen lernen, können wir uns dies in Erinnerung rufen, wenn wir wieder in die Stresssituation geraten.“
„Überall, wo sich die Linien kreuzen, sind Ecken entstanden. Diese Ecken werden mit dem Stift, der nun wieder in der dominanten Hand liegt, abgerundet.“ Dieses Abrunden wirke beruhigend und harmonisierend. Es werden nicht nur Ecken abgerundet, sondern auch Kreise eingezeichnet, sogenannte Powerbubbles (Kraftblasen) und Linien mit kleinen Kreisen (Perlenketten).
„Wieviele Powerbubbles, Perlenketten oder Kreise jemand zeichnet, bleibt der Klientin oder dem Klienten selbst überlassen. Da gibt es kein richtig oder falsch“, sagt Pilz. Manmal werden die Flächen auch noch mit Farbe gefüllt.
„Irgendwann ist die Zeichnung fertig. Meist ist man dann in guter Stimmung und hat den Eindruck, es ginge etwas voran.“ Der Vorteil der Neurodings-Methode sei, dass man aktiv etwas tue, man hat es wortwörtlich „selbst in der Hand“. Entsprechend würde sich bei manchen nach dem Zeichnen tatsächlich eine Lösung des Problems auftun. „Andere sagen, durch die meditative Art bin ich endlich mal runtergekommen und hab mich entspannen können.“
Die Muster, die beim neurokreativen Zeichnen entstehen, sehen meist aus wie Synapsen, jene vorhin erwähnten Nervenzellen, die auch der Methode ihren Namen geben (siehe Bilder oben). Es würden auch oft Figuren entstehen, Zwerge, Blumen, ein Schmetterling, vielleicht auch ein Gesicht. „Das ist natürlich Interpretationssache. Das entstehende Gebilde kann jedenfalls zur Lösung beitragen, denn man sieht darin Dinge, die mit dem bearbeiteten Problem zu tun haben“, sagt Pilz.
Je nachdem, was erreicht werden soll, gibt es bestimmte Abläufe bei Neurodings. Etwa um negative Gedanken wegzubringen und positive hereinzuholen (Gedankenumwandlung), wieder in Balance zu kommen (Einsatz von Spiralen), den sogenannten Ideengenerator oder das Stressstorno. Neurodings sei Hilfe zur Selbsthilfe – nach der ersten Begleitung durch eine:n Lebens- und Sozialberater:in könne man dies leicht auch selbst zu Hause machen.
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