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„Geschwister kann man sich nicht aussuchen“ – dieser alte Spruch soll wohl darauf hinweisen, dass Geschwisterbeziehungen nicht immer einfach sind. Anders als mit Freundinnen und Freunden ist man fast ständig mit ihnen beisammen, wächst in derselben Familie auf und hat dieselben Eltern. Doch trotz aller Gemeinsamkeiten gibt es unterschiedliche Charaktere, Begabungen und Ansichten, selbst bei eineiigen Zwillingen. Das kann zu besonders engen Bindungen, aber genauso zu Konflikten führen.
Damit eine Geschwisterbeziehung gut gelingt, ist es notwendig, mit sich selbst im Einklang zu sein. So sieht es auch P. Anselm Grün, der selbst mit sechs Geschwistern aufgewachsen ist: „Ich höre auf, mich mit anderen zu vergleichen. Ich bin dankbar, dass Gott mich so gewollt hat, wie ich bin.“ Um aber zu dieser eigenen Persönlichkeit zu gelangen, sind gerade Geschwister sehr hilfreich. Im Zusammenleben erkennt man die Begabungen der anderen. Man lernt sie auch zu akzeptieren, ohne Neid zu entwickeln oder den anderen kopieren zu wollen. Sobald ein Kind, ein Jugendlicher seine eigenen Stärken findet, werden Neid und Rivalität gegenüber den Geschwistern schwächer. Daher ist es wichtig und begünstigt es die persönliche Entwicklung, wenn Eltern nicht die Schwächen, sondern die Begabungen der Kinder sehen und diese fördern.
Fragt man Mütter und Väter, ob sie eines ihrer Kinder lieber mögen oder zu ihm eine tiefere Beziehung haben, werden sie das wohl verneinen. Eltern bemühen sich grundsätzlich, ihre Kinder gerecht und gleich zu behandeln. Trotzdem kann es sein, dass ein Kind einmal mehr Nähe zur Mutter oder zum Vater entwickelt und umgekehrt. Oft unbewusst erarbeiten Kinder Strategien, um einen Erwachsenen für sich zu gewinnen, besser dazustehen als die Geschwister. Dieser Tatsache muss man ins Auge sehen, und man sollte sich als Eltern auch darüber austauschen.
Die Geburt eines Geschwisterchens oder eine Krankheit sind oft Anlass, dass sich Kinder benachteiligt fühlen. Das Kleine oder der Kranke bekommen mehr Zuwendung – das ist ihre Wahrnehmung. Und sie ist im Moment wahrscheinlich auch zutreffend. Darum sind es gerade solche Situationen, in denen Eltern besonders gefordert sind.
Geht es um Streit zwischen den Geschwistern, sind Eltern gut beraten, sich möglichst neutral zu verhalten und die Spannungen ohne Schuldzuweisungen wieder zu lösen. P. Anselm Grün schildert im Buch einige Situationen, wie seine Eltern – mit viel Humor und ohne abzustrafen – Streitigkeiten geschlichtet haben.
Im Alter sollte die Rivalität weg sein, man muss sich nichts mehr beweisen. Dazu sollte man aber in der Lage sein, sich mit seiner Vergangenheit auszusöhnen, was oft ein schwieriger Prozess ist. Trotzdem rät P. Anselm Grün dazu, im Alter nicht in der Opferrolle zu verharren. Geschwisterbande sind einzigartig, und man sollte dafür dankbar sein.
Geschwisterposition: Der selbst bestimmte Platz in der Familie
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