REZEPT_
Fast ein Jahr lang ging es mir nicht mehr aus dem Kopf, sodass ich mir kurzerhand selbst eine Freude bereitete. Ich habe mir ein Bilderbuch geschenkt. Schon beim ersten Durchblättern begeisterten mich die liebevollen, ausdrucksstarken Illustrationen, und die Geschichte hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Vier Tiere treffen sich an einem Teich und überlegen, was sie gemeinsam unternehmen könnten. Eines von ihnen schlägt vor, sich zu messen: Der Reihe nach motivieren sie sich gegenseitig, ihren Mut zu beweisen. Wenn auch die Mutproben für die Tiere untereinander anfangs wenig mutig wirken, löst jede einzelne Darbietung dann doch stets Bewunderung aus. Die Maus taucht zwei Längen durch den Teich, der Frosch verspeist eine ganze Seerose und die Schnecke kriecht ungeschützt um ihr Haus herum. Zu guter Letzt ist der Spatz an der Reihe. Während Maus, Frosch und Schnecke neugierig und voller Spannung auf die Mutprobe des vermeintlich frechen Spatzen warten, fängt der zu stammeln an: „Nun … also … ich … – ich mach nicht mit.“ Verdutzte Gesichter blicken ihn an, bis die drei Tiere plötzlich zu jauchzen und zu applaudieren beginnen: „Ja, das ist Mut!“
Wieder einmal zeigt sich, dass es Geschichten gibt, für die niemand zu alt zu sein scheint – die Botschaft der Geschichte berührt. Nicht mitzumachen, auch einmal gegen den Strom zu schwimmen, bewusst einem Trend nicht zu folgen oder gegen Missstände aufzustehen erfordert besonderen Mut. Gerade das Unvermutete lässt aufhorchen und stärkt das Bewusstsein. „Mutig, mutiger, unvermutet …“, wie es auch auf der Rückseite des Buches geschrieben steht.
Die Menschheit kann da auf eine reiche Tradition zurückblicken. Schon die Bibel gibt Zeugnis von mutigen Menschen, die mit ihrem prophetischen Auftreten Unvermutetes benannten. Besonders Jesus beweist in seinem Handeln Mut: Sein Einsatz für Marginalisierte, seine Rede von der anbrechenden Gottesherrschaft und seine prophetische Kritik an lebensverneinenden Strukturen geben einen Eindruck davon.
Bewundernswert, dass zu jeder Zeit Menschen Mut beweisen und Unvermutetes bewirken. Und zugleich stimmt es mich hoffnungsvoll, dass Menschen – wie der Spatz – ihren Möglichkeiten entsprechend mutige Schritte wagen.
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