Wort zum Sonntag
Anlässlich seines Todestags warnte der Wiener Superintendent Matthias Geist vor Vereinnahmungen Bonhoeffers, die seinem Erbe nicht gerecht werden. „Er wusste um Gottes Anspruch in der Welt und zugleich darum, dass er jedem totalitären Anspruch entschieden widersprechen musste“, betonte Geist in der Wochenzeitung „Die Furche“ (Nr. 14/2025).
Zugleich verwies er auf das konsequente theologische und politische Handeln Bonhoeffers, der sich dem kirchlichen und politischen Widerstand gegen das NS-Regime angeschlossen hatte und 1943 verhaftet wurde. Sein Vermächtnis mahne bis heute zu kritischem Denken und verantwortlichem Handeln.
Bonhoeffer habe bereits früh die Notwendigkeit eines radikalen Widerstands erkannt, erklärte Geist. Schon 1933 wandte er sich über den Rundfunk an die Öffentlichkeit und kritisierte die Vergötzung politischer Macht mit den Worten: „Führer und Amt, die sich selbst vergotten, spotten Gottes.“ Diese Aussage lässt sich laut Geist auch auf aktuelle Entwicklungen – etwa in den USA – beziehen.
Bonhoeffers Gottesverständnis und seine lebensnahe ethische Reflexion machten die christliche Theologie bis heute zukunftsfähig, sagte Geist weiter: „An ihr werden Kirche und Glaube auch heute gemessen.“
Bonhoeffer bzw. sein Erbe sei aber auch ein Opfer von Fehldeutungen geworden, warnte Geist. Gerade in jüngster Zeit werde er für politische Zwecke instrumentalisiert, etwa durch den US-amerikanischen Film „Bonhoeffer. Pastor. Spy. Assassin“ (2024), der ihn für nationalistische Agitation und Gewaltbereitschaft missbrauche.
„Denn weder theologische noch politische Richtungen dürfen den Anspruch erheben, ihn als Gewährsmann für eine Ideologie zu beanspruchen, die selbst als inhuman und tyrannisch zu bezeichnen ist“, warnte Geist.
Wort zum Sonntag
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>