Wort zum Sonntag
Das neue Gesetz wurde notwendig, da der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Verbot der Suizidbeihilfe für verfassungswidrig erklärt hatte. Wäre bis zum Jahresende nichts geschehen, so wäre die Beihilfe zur Selbsttötung ab 2022 ohne weitere Regelungen erlaubt gewesen. Die Bundesregierung stellte am 23. Oktober einen Gesetzesentwurf vor, der bis 12. November in Begutachtung geht und am 1. Jänner in Kraft treten soll, wenn das Parlament zustimmt.
Eine „Sterbeverfügung“, mit der man sich für assistierten Suizid entscheidet, kann gemäß Entwurf nur „höchstpersönlich“ von dem oder der Betroffenen errichtet werden. Berechtigt dazu sind dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Personen, die volljährig und entscheidungsfähig sind. Voraussetzung ist die Aufklärung durch zwei Ärzt/innen. Eine/r davon muss über eine palliative Qualifikation verfügen. Auch die Entscheidungsfähigkeit der sterbewilligen Person muss ärztlich bestätigt werden. Zweifelt dabei ein Arzt, so muss zusätzlich eine Psychiaterin
oder ein Psychologe beigezogen werden. Vor der Errichtung der Verfügung ist eine Frist von zwölf Wochen einzuhalten. Ziel ist die Überwindung von Krisenphasen. Sollten Personen allerdings nur eine sehr geringe Zeit (etwa wenige Wochen) zu leben haben, dann verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
Eine aufrechte Sterbeverfügung berechtigt, ein tödliches Präparat in einer Apotheke zu beziehen. In der Verfügung kann auch eine Person bestimmt werden, die dieses Mittel für die sterbewillige Person abholt. Das Präparat (das der Gesundheitsminister per Verordnung festlegt) muss selbstständig zugeführt werden. Sollte man nicht in der Lage sein, das Mittel einzunehmen (z.B. bei Schluckproblemen), ist auch eine andere Gabe, etwa über eine Sonde, möglich. Allerdings muss der oder die Sterbende selbst die Sonde auslösen. Das soll die Beihilfe von der aktiven Sterbehilfe abgrenzen, die weiterhin verboten ist. Betont wird seitens der Regierung, dass niemand verpflichtet ist, Suizidhilfe zu leisten. Auch Apotheker/innen dürfen nicht zur Abgabe des Präparats verpflichtet werden.
Erfreut äußerte sich der in der Bischofskonferenz für Lebensschutz zuständige Bischof Hermann Glettler über die im Entwurf vorgesehene Aufstockung der Hospiz- und Palliativversorgung. Die Vorlage beinhaltet aus Sicht des Bischofs wichtige Ansätze wie den mehrstufigen Beratungsprozess als Schutz vor Irrtum oder übereiltem Handeln. Auch sei zu begrüßen, dass die Beihilfe zum Suizid nicht als ärztliche Leistung eingestuft werde. Dass jedoch „zusätzlich zur medizinischen Diagnose und palliativmedizinischen Aufklärung die Ärzte auch noch die Frage der Willens- und Entscheidungsfreiheit des Suizidwilligen zu klären haben, ist eigentlich nicht zumutbar“, so Bischof Glettler.
Nach der ersten Durchsicht des Gesetzesentwurfs blieben Fragen offen, hielt Gletter gegenüber Kathpress fest: „Wo bleibt die verpflichtende Suizidprävention? Wo bleibt die rechtlich erhöhte Absicherung des Verbots der Tötung auf Verlangen?“ Nach dem Urteil des VfGH im Vorjahr hätten sich fast alle Parlamentsparteien klar „für ein striktes Verbot der Tötung auf Verlangen“ ausgesprochen. Darauf könnte man aufbauen und eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erhoffen, so Bischof Hermann Glettler, doch „der Entwurf erwähnt dies nicht einmal“.
Zusätzlich kündigte Glettler eine Stellungnahme der Bischofskonferenz im Rahmen der Gesetzesbegutachtung an. Die Thematik werde auch ein Hauptthema bei der November-Vollversammlung der Bischöfe (8.–11. November) sein. Die katholische Kirche werde „am klaren Nein zu jeder Form der Beihilfe zur Selbsttötung festhalten – trotz der gesetzlichen Straffreistellung.“
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