Wort zum Sonntag
Die Caritas Österreich hat erstmals in ihrer Geschichte eine Frau als Präsidentin. Nora Tödtling-Musenbichler (40) wurde am Dienstag von der Caritas-Vollversammlung im Vorarlberger Bildungshaus St. Arbogast zur Nachfolgerin von Michael Landau (63) gewählt, der das Amt nach zehn Jahren an der Spitze der zweitgrößten Hilfsorganisation des Landes übergibt.
Tödtling-Musenbichler leitet die Caritas der Diözese Graz-Seckau. Ihr zur Seite steht künftig Alexander Bodmann als Vizepräsident - eine Funktion, die Tödtling-Musenbichler bisher innehatte. Zur Vorstellung des neuen Präsidiums wurde eine Pressekonferenz am Freitag, 9 Uhr, in der Wiener Pfarre Alt Ottakring (Johann-Krawarikgasse 1, 1160 Wien) angekündigt.
Tödtling-Musenbichler äußerte sich erfreut über ihre Wahl und erklärte, die Caritas lebe in einer von Krisen, Unsicherheit und Komplexität geprägten Zeit "Werte der Solidarität und des Zusammenhalts" und wolle Zuversicht und Hoffnung geben.
"Wir setzen uns als Caritas für alle Menschen ein, die keine Stimme haben oder nicht gehört werden, für Menschen am Rand der Gesellschaft in Österreich, ebenso für jene, die von Kriegen und Katastrophen weltweit betroffen sind. Wir brauchen ein tragfähiges und stabiles Netz der Mitmenschlichkeit", so Tödtling-Musenbichler.
Caritas-Bischof Benno Elbs, der selbst an der Vollversammlung und Wahl beteiligt war, gratulierte Tödtling-Musenbichler und betonte, er wisse die Caritas Österreich auch unter ihrem neuen Präsidium in besten Händen.
Den scheidenden Präsidenten Landau lobte er dafür, dass er "den grundlegenden Auftrag des Evangeliums nicht nur in die Praxis umgesetzt, sondern ihn auch für alle Menschen zugänglich gemacht" und dabei "in unsere Welt übersetzt, konkret und spürbar gemacht" habe. Gleichzeitig sei er "manchmal ein Unbequemer, der sich bedingungslos in den Dienst derjenigen gestellt hat, die am Rande der Gesellschaft und des Lebens stehen".
Die neue Caritas-Präsidentin wurde am 5. Jänner 1983 in Judenburg (Stmk) geboren und wuchs in Knittelfeld auf. Dort rief sie schon als Gymnasiastin am BG Knittelfeld ein Lernprojekt für benachteiligte Schülerinnen und Schüler ins Leben, für das sie Landeshauptfrau Waltraud Klasnic im Jahr 1999 mit der Humanitas Medaille ehrte.
Musenbichlers Projekt des ersten "Lerncafes" entwickelte sich seither zum Erfolgsprojekt und wuchs seither auf 68 Caritas-Lerncafes österreichweit an. Sie selbst absolvierte nach einem Semester Theologie den Lehrgang für Pastoralpsychologie und studierte zuletzt berufsbegleitend Social Management an der Donau Universität Krems. Die künftige Präsidentin ist verheiratet mit Maximilian Tödtling und lebt in Graz.
Beruflich war Tödtling-Musenbichler von 2004 stellvertretende Leiterin im VinziDorf der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg, wobei es sich um eine Einrichtung für obdachlose Männer mit schwerer Suchterkrankung handelt. Ab 2010 war sie Koordinatorin und Leiterin der VinziWerke Österreich, bis sie im November 2021 als Vizedirektorin ins Direktorium der Caritas Steiermark wechselte und mit 1. Juli 2022 von Bischof Wilhelm Krautwaschl zur Direktorin des diözesanen Hilfswerks bestellt wurde, als Nachfolgerin von Franz Küberl.
Bis 2022 blieb sie Vorstandsmitglied des Hauptrates der Vinzenzgemeinschaften Österreichs.
Der scheidende Präsident Landau zeigte sich in einer ersten Reaktion erfreut, dass künftig eine "hochkompetente Frau" an der Spitze der Caritas Österreich stehen werde. Dies sei ein "starkes, weibliches Zeichen für die Caritas nach innen wie nach außen". Landau lobte die "soziale Ader" seiner Nachfolgerin mit Verweis auf ihren bisherigen Werdegang und betonte, er wisse die Verantwortung als Präsidentin der Caritas Österreich bei Tödtling-Musenbichler "in besten Händen". Mit ihr, Bodmann und den amtierenden Direktoren und Generalsekretären werde die Caritas "auch weiterhin die starke Stimme für soziale Gerechtigkeit sein".
Landau hatte am Wochenende angekündigt, nach 28 Jahren in Leitungsfunktionen der Caritas und zehn Jahren an deren Österreich-Spitze nicht mehr für die Wiederwahl in letzterer Funktion zu kandidieren. Er sehe den richtigen Zeitpunkt gekommen, um das Amt in andere Hände zu legen und einen "Generationenwechsel" einzulegen, sagte der Priester und promovierte Biochemiker.
Zudem wolle er sich künftig "mit voller Kraft" seiner Aufgabe als Präsident der Caritas Europa widmen. Für dieses 2020 angetretene Leitungsamt im Netz von 49 Mitgliedsorganisationen in 46 Ländern wurde er im Vorjahr einstimmig wiedergewählt, wobei hier die Amtsperiode noch bis 2027 dauert. Seine Aufgabe als Direktor der Caritas Erzdiözese Wien hatte er im Frühjahr nach über 25 Jahren Tätigkeit an Alexander Bodmann und Klaus Schwertner übergeben.
Die Caritas-Österreich-Vollversammlung setzt sich aus insgesamt 29 Personen zusammen, darunter je drei Vertreterinnen und Vertretern der diözesanen Caritasorganisationen, Caritas-Bischof Benno Elbs, der Präsident, der Vizepräsident, die Generalsekretäre der Caritas Österreich und weitere Mitglieder der Geschäftsleitung.
Laut den Statuen dürfen Präsident und Vizepräsident nicht aus derselben Kirchenprovinz (Wien und Salzburg) kommen. Neben der Neuwahl der Präsidentschaft wurden bei der Vollversammlung auch Melanie Balaskovics, Caritasdirektorin der Diözese Eisenstadt ins Präsidium gewählt. Walter Schmolly, Caritasdirektor der Diözese Feldkirch, wurde als schon bisheriges Präsidiums-Mitglied für diese Aufgabe bestätigt.
Aufgabe der auf drei Jahre gewählten Präsidentin ist es, die Caritas Österreich nach innen und außen zu vertreten und den Vorsitz bei allen Sitzungen der Vollversammlung und des Präsidiums zu führen. Das Präsidium berichtet als Kollektivorgan über seine Arbeit an die Vollversammlung. Das Präsidium entscheidet mit einfacher Mehrheit, wobei die Präsidentin ein Dirimierungsrecht hat, also das Recht bei Stimmengleichheit durch seine Stimme eine Entscheidung herbeizuführen.
Die Caritas ist das wichtigste Hilfswerk der katholischen Kirche in Österreich, mit 17.000 hauptamtlichen und knapp 46.000 ehrenamtlichen Mitarbeiter an mehr als 1.600 Standorten. Sie engagiert sich im Kampf gegen Armut, in der Obdachlosenhilfe, im Bildungsbereich oder in der Hospizarbeit. Sie unterhält außerdem u.a. 71 Sozialberatungsstellen in allen Bundesländern.
Neben ihrer Arbeit im Inland ist die Caritas auch im Ausland im Einsatz - sowohl in der Akut- und Katastrophenhilfe als auch in der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit. Aktuell besonders gefordert ist die Hilfsorganisation beispielsweise in der Ukraine, aber auch in der Republik Moldau, im Nahen Osten oder in Ländern der Subsahararegion.
Nach zehn Jahren an der Spitze der Caritas Österreich wird Michael Landau mit dem Ende seiner Amtsperiode am 31. Jänner 2024 sein Amt als Caritas-Präsident niederlegen.
„Es waren zehn aufregende, intensive und auch schöne Jahre. Aber nach zehn Jahren als Präsident und mehr als 28 Jahren in der Caritas in Österreich ist es an der Zeit, dieses Amt in einer guten Art und Weise zu übergeben“, wird Landau in einer Aussendung der Caritas zitiert. Ein Nachfolger soll im Rahmen einer Vollversammlung gewählt werden und stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.
Kardinal Christoph Schönborn dankte Landau für die langjährige enge Zusammenarbeit und betonte, dass er in all den Jahren „stets mein vollstes Vertrauen genossen hat – gerade auch dann, wenn Dritte versucht gewesen sein sollten, auseinanderzudividieren, was zusammengehört: Caritas und Kirche.“
Der Caritas bleibt Landau jedoch weiterhin erhalten: So wurde der 63-jährige Wiener im Vorjahr einstimmig bis 2027 als Präsident der Caritas Europa wiedergewählt. „Globale Herausforderungen wie Kriege, die Klimakrise, der weltweite Hunger oder zunehmende Armut erfordern auch globale Antworten. Die Caritas Europa soll hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Interessen von Menschen in Not länderübergreifend vertritt und den sozialen Zusammenhalt in den einzelnen Staaten selbst stärkt“, so Michael Landau, der Priester ist und neben seinem Studium der Theologie auch als Biochemiker promovierte.
Landau dankte in der Presseaussendung den rund 17.700 Mitarbeitenden und knapp 46.000 Freiwilligen, die sich für die Caritas in ganz Österreich engagieren. Die Einrichtung ist eine der größten Hilfsorganisationen des Landes mit mehr als 1600 Standorten in Österreich. Sie engagiert sich im Kampf gegen Armut, in der Obdachlosenhilfe, im Bildungsbereich oder in der Hospizarbeit. Sie unterhält außerdem u. a. 71 Sozialberatungsstellen in ganz Österreich. Neben ihrer Arbeit im Inland ist die Caritas auch im Ausland im Einsatz – sowohl in der Akut- und Katastrophenhilfe als auch in der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit. Aktuell besonders gefordert ist die Hilfsorganisation in der Ukraine, aber auch in der Republik Moldau, im Nahen Osten und in Ländern der Subsahararegion.
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