Wort zum Sonntag
>> Kommentar von Heinz Niederleitner: Keine Ausnahmen in der Liebe Gottes
Homosexuelle Paare können ab sofort auch in der katholischen Kirche gesegnet werden. Die vatikanische Glaubensbehörde veröffentlichte am Montag eine Grundsatzerklärung, wonach katholische Geistliche unverheiratete und homosexuelle Paare segnen dürfen.
In dem Text mit dem Titel "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) wird betont, dass dabei eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden muss. Auch darf ein Geistlicher den Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilen.
Wörtlich hält das Schreiben fest, dass "die Möglichkeit der Segnung von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren" in ihrer Form "von den kirchlichen Autoritäten nicht rituell festgelegt werden darf, um keine Verwechslung mit dem dem Ehesakrament eigenen Segen hervorzurufen".
Die Erklärung der Glaubensbehörde wurde am Montag im Vatikan in mehreren Sprachen veröffentlicht, darunter auch auf Deutsch. Sie trägt die Unterschrift des Präfekten der Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, und wurde von Papst Franziskus am Montag ausdrücklich genehmigt.
In dem Text der Glaubensbehörde betont Fernandez, dass die Kirche ihr Verständnis von dem, was ein Segen ist, im Licht der seelsorgerischen Ideale von Papst Franziskus erweitert und angereichert habe. Mit diesem weiterentwickelten Verständnis des Segens sei es möglich, "Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare segnen zu können, ohne deren Status offiziell zu konvalidieren oder die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern" [Konvalidation = Gültigmachung einer nach katholischem Kirchenrecht ungültigen Ehe; d. Red.].
Ausdrücklich wird in dem Schreiben erläutert, dass die Erklärung der Glaubensbehörde vom 22. Februar 2021, die Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren noch grundsätzlich ausschloss, nun weiterentwickelt werde.
Zugleich wird in dem Dokument betont, dass katholische Geistliche, die derartige Segnungen nun aussprechen dürfen, jegliche Verwechslung mit einer kirchlichen Eheschließung vermeiden sollen. Die katholische Lehre, wonach die sexuelle Vereinigung nur innerhalb einer Ehe von Mann und Frau erlaubt sei, bleibe unverändert. Auch dürfe die Segnung nicht in einem gottesdienstlichen Rahmen erfolgen, denn eine solche liturgische Segnung würde voraussetzen, dass die gesegnete Verbindung dem Plan Gottes in seiner Schöpfung entspreche.
Für den Empfang eines Segens außerhalb eines Gottesdienstes müssten aber nicht dieselben moralischen Voraussetzungen gefordert werden wie für den Empfang eines Sakraments. Wer einen Segen erbitte "zeigt, dass er der heilbringenden Gegenwart Gottes in seiner Geschichte bedarf".
Weiter heißt es in dem Text, dass Menschen, die in einer Verbindung außerhalb der Ehe zusammenleben, darum bitten können, dass "alles, was in ihrem Leben und ihren Beziehungen wahr, gut und menschlich gültig ist", durch die Gegenwart des Heiligen Geistes gefördert werde.
Mit Nachdruck mahnt das Dokument an, derartige Segnungen nicht zu formalisieren, sondern sie der praktischen Unterscheidung in den jeweiligen Situationen zu überlassen. In einem solchen Segensgebet könne ein Seelsorger all das erwähnen, was in einer Beziehung gut und legitim ist; etwa Frieden, Gesundheit, Geduld und gegenseitige Hilfe.
Noch im Februar 2021 hatte die vatikanische Glaubensbehörde mitgeteilt, Segnungen homosexueller Paare seien in der katholischen Kirche nicht möglich. Laut geltender katholischer Lehre ist es zwar keine Sünde, homosexuell zu empfinden. Gleichgeschlechtliche intime Handlungen seien aber "in sich nicht in Ordnung". Das Ausleben der Sexualität sei der Ehe vorbehalten, die nur von einem Mann und einer Frau geschlossen werden könne.
Gesamter Wortlaut des Schreibens
Österreich Bischöfe begrüßen die vatikanische Erlaubnis für die Segnung homosexueller Paare. "Die heutige Bekanntgabe des Glaubensdikasteriums habe ich mit Freude aufgenommen", sagte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, am Montag in einer ersten Reaktion auf das von der vatikanischen Glaubensbehörde veröffentlichte Grundsatzerklärung "Fiducia supplicans" ("flehendes Vertrauen"). Segnen sei ein Grundbedürfnis, "das grundsätzlich niemandem verwehrt werden darf - wie Brot", so der Erzbischof wörtlich.
Sowohl das Bemühen der Bischofskonferenz als auch sein eigenes sei es gewesen, "für Menschen in sogenannten irregulären Verbindungen einen gangbaren Weg der Begleitung zu finden", betonte der Salzburger Erzbischof und verwies zudem auf das lateinische Wort für "segnen", nämlich "benedicere", das "gutes sagen" bedeutet.
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende hielt zudem fest, dass die katholische Lehre unverändert bleibe: "Der Idealtypus ist und bleibt das Zusammenleben von Frau und Mann, in dem allein Leben natürlich weitergegeben wird. An dieser Lehre wird die Kirche festhalten." Die Kirche wolle "Paaren in außerregulären Lagen, die in Treue und Liebe zueinanderstehen, Gutes im Namen Gottes zusprechen". Und weiter: "Die Unterschiede müssen benannt werden dürfen, wo doch das Einende groß ist - die gemeinsame Berufung aus der Taufe, die uns zu Brüdern und Schwestern im Herrn macht."
Als "wichtigen Schritt für eine offene Kirche" hat Diözesanbischof Josef Marketz die Grundsatzerklärung "Fiducia supplicans" bezeichnet. Er sei "froh und dankbar" darüber, dass diese Wende nun innerhalb von zwei Jahren möglich wurde, denn noch im Februar 2021 sei eine Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren durch die Glaubensbehörde untersagt worden, was "viele Menschen zurecht verletzt und gekränkt hat", so der Kärntner Bischof.
Das jüngste Schreiben der Glaubensbehörde sei nun geprägt von einem "liebevollen Hinsehen auf die Situation der Menschen sowie deren Sehnsucht und Wunsch nach Segen, damit ihr (Zusammen-) Leben unter dem liebevollen Blick Gottes gut oder noch besser gelingen kann". Für Marketz sei "immer ganz klar gewesen, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht als Christen zweiter Klasse angesehen werden dürfen". Auch Marketz verwies auf das lateinische Wort für "Segnen", nämlich "Benedicere".
Die nun erfolgte Öffnung entspreche klar seinem Wunsch nach einer Kirche, in der eine große Weite spürbar sei, und in der für jede und jeden, auch unabhängig von sexueller Orientierung, Platz sei, betonte Marketz. Und weiter: "Dazu braucht es viel gegenseitige Toleranz, Akzeptanz und Wertschätzung - nicht nur in Form von Worten, sondern vor allem in Form von Taten sowie seelsorglichen und liturgischen Handlungen."
Auch der steirische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl begrüßt die Erklärung des Vatikans zum Umgang mit Beziehungen außerhalb der klassischen Ehe zwischen Mann und Frau. Die Erklärung "Fiducia supplicans" halte fest, was Segen bedeute, so Krautwaschl in einer Erklärung am Montag: "Wer um den Segen bittet, zeigt, dass sie oder er oder beide die heilbringende Gegenwart Gottes brauchen, und dieser Segen darf nicht verweigert werden". In der Diözese Graz-Seckau beschäftige man sich schon seit vielen Jahren mit dieser Frage.
Dieser Weg der seelsorglichen Begleitung sei nicht neu, sondern spätestens seit dem nachsynodalen Schreiben "Amoris laetitia" vorgegeben und finde nun eine Fortsetzung, so Krautwaschl. Klar sei aber, und auch das sei im Dokument festgehalten, "dass der Segen für Beziehungen außerhalb der Ehe nicht mit dieser gleichzustellen ist".
Die vatikanische Erlaubnis für die Segnung homosexueller Paare ist aus Sicht der deutschen Bischöfe zu begrüßen. Das Dokument nehme sich "in pastoraler Perspektive und in einer theologisch maßvollen und unaufgeregten Sprache" einer wichtigen Fragestellung an, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, am Montag. "Hier wird ein pastoraler Handlungsspielraum umschrieben, der eine verantwortungsvolle kirchliche Praxis verdeutlicht."
Durch die Segnungserlaubnis könne die Kirche künftig auf Paare eingehen, "die um einen Segen für ihre Partnerschaft bitten, auch wenn sie nicht in jeder Hinsicht nach den Normen der Kirche leben", so Bätzing. "Es ist gut, dass nun dieser Schatz für die Vielfalt von Lebensmodellen gehoben wird." Der Vatikan ziehe damit "eine klare Linie zwischen der unverbrüchlichen Treue gegenüber der Lehre der Kirche und den pastoralen Erfordernissen einer kirchlichen Praxis, die den Menschen nahe sein möchte".
Gleichzeitig betonte der Bischof, dass die Erklärung eine genaue Abgrenzung zwischen der sakramentalen Ehe nach katholischer Lehre und der Segnung ziehe. "Die katholische Lehre, wonach die sexuelle Vereinigung nur innerhalb einer Ehe von Mann und Frau erlaubt sei, bleibe unverändert", erklärte Bätzing.
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