Wort zum Sonntag
Erwartet worden war eine Reise der großen Geste, doch Franziskus präsentierte sich von 2. bis 6. Dezember auf Zypern und in Griechenland vor allem als großartiger Redner.
In Athen und auf Lesbos hielt er drei seiner bisher besten Reden. Mit einem Loblied verbeugte sich der Bischof von Rom vor dem ehrwürdigen Griechenland. In Anwesenheit von Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou spannte der Argentinier einen Bogen von der „Polis“ des antiken Griechenlands hin zum europäischen Haus von heute: „Ohne Athen und Griechenland wären Europa und die Welt weniger weise und weniger glücklich.“
Bei den Blumen beließ er es aber nicht, kritisierte einen weltweiten „Rückzug aus der Demokratie“. Dabei erfordere Demokratie die Beteiligung und das Engagement von allen, „harte Arbeit und Geduld“.
Erneut warnte der Papst vor einfachen populistischen Antworten auf komplexe Herausforderungen. Exemplarisch nannte er den Klimawandel, Migration und Pandemie. Seine Gastgeber, staatliche wie kirchliche, griffen die Themen gerne auf. Franziskus lobten sie in seinem Einsatz als weltweites Vorbild.
Mit seiner Bitte um Vergebung für katholische Sünden an orthodoxen Glaubensgeschwistern warb der Papst auch um mutigere Schritte in der Ökumene. Im Namen der katholischen Kirche bat er vor allem in Athen bei Erzbischof Hieronymos II. um Vergebung für Fehler und Vergehen. Er bedauere Handlungen und Entscheidungen, die wenig oder nichts mit Jesus und dem Evangelium zu tun gehabt hätten, sondern eher von Profit- und Machtstreben geprägt gewesen seien.
Ein kurzer Zwischenfall vor dem erzbischöflichen Palais in Athen, wo ein alter Pope Franziskus als Häretiker beschimpfte, ist keinesfalls repräsentativ für die Haltung der Orthodoxen. Dennoch weist die Episode auf anhaltendes latentes Misstrauen gegenüber dem großen Bruder aus Rom hin.
Bei seinem nach 2016 zweiten Besuch in einem Flüchtlingslager auf Lesbos nahm sich Franziskus viel Zeit für einen Gang entlang der zwischen Containern auf ihn wartenden Männer, Frauen und Kinder.
Immer wieder fordert er, Menschen, die fliehen und ein würdiges Leben suchen, ins Gesicht zu blicken. In seiner leidenschaftlichen wie auch differenzierten Ansprache erinnerte Franziskus daran, dass „in der heutigen Welt bruchstückhafte Lösungen unzureichend sind“.
Während Corona-Impfungen auf Weltebene vorangebracht würden und sich im Kampf gegen Klimaveränderungen etwas zu bewegen scheine, „sieht alles im Bereich der Migrationen nach einem schrecklichen Stillstand aus“, so seine Klage. Die ständige Abwälzung von Verantwortung müsse aufhören und die Migrationsfrage nicht immer an andere delegiert werden, kritisierte der Papst.
Das Mittelmeer sei „zu einem kalten Friedhof ohne Grabsteine“ geworden. „Lasst uns diesen Schiffbruch der Zivilisation stoppen!“, sagte er bitter.
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