Wort zum Sonntag
Der Pfarrhof von Haslach im Mühlviertel. Drei Paar Laufschuhe stehen aufgereiht im Flur, im Büro ist eine grüne Trainingsmatte ausgerollt, darauf liegen Kurzhanteln, im Nebenraum befindet sich ein Laufband. Hier lebt Gerhard Kobler, 53 Jahre, Extremsportler, im Hauptberuf Priester. Ein Marathonmann, der ganze Nächte durchläuft, der sich Hunderte Kilometer zu Fuß durch die Hitze der Sahara kämpft und von der
Quälerei offenbar nie genug kriegt. Dabei ist der 53-Jährige, was den Sport betrifft, ein Spätberufener. Nach dem Theologiestudium in Linz merkt Gerhard Kobler, dass er beim Stiegensteigen schnell aus der Puste kommt. „Kurz vor dem Dreißiger war der Knackpunkt“, sagt er. Das Jahr 1995 ist damit wie seine persönliche Stunde null in Sachen Sport. Der Priester beginnt mit dem Training und der Dokumentation seiner gelaufenen Kilometer. „Derzeit halte ich bei 65.000 Laufkilometern“, sagt Kobler trocken, als wäre es das Normalste auf der Welt.
Sein erstes großes Ziel ist ein Marathonlauf. Das schafft er 1997. Mit einer Zeit von 3 Stunden und 50 Minuten kommt er ins Ziel. Doch damit gibt er sich nicht zufrieden. Er trainiert weiter, sechs Tage in der Woche dreht er seine Laufrunden. Jahr für Jahr wird er, schneller bis er 2011 beim Linzer Marathon seine absolute Bestmarke aufstellt: 2 Stunden und 45 Minuten braucht der damals 46-Jährige für die 42,195 Kilometer. Spätestens jetzt wird er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Mehrere Medien berichten von ihm und adeln ihn zum „schnellsten Diener Gottes“. „Laufende Priester sind eben eine seltene Spezies“, meint der Ordensmann im Gespräch mit der KirchenZeitung. Den Zeitungen erzählt er gerne, dass ihn die heilige Teresa von Ávila inspiriert. Sie schrieb im 16. Jahrhundert: „Tue deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ „Das Laufen ist Selbstbestätigung, das macht mich euphorisch. Ich erlebe intensive Glücksmomente beim Sport“, sagt Kobler, der bis dato beschwerdefrei geblieben ist. Für den Ordensmann ist klar wieso: „Der Mensch ist einfach zum Laufen geboren.“
Die Gründe für Koblers Erfolge könnten zumindest teilweise in der Kindheit liegen. Er ist auf einem Bauernhof im Oberen Mühlviertel aufgewachsen, wo viel Bewegung ganz automatisch passierte und harte Arbeit auf der Tagesordnung stand. „Nach der Schule habe ich oft Steine vom Feld aufklauben müssen. Wenn das erledigt war, war ich schon etwas müde. Trotzdem bin ich meistens noch Fußball spielen gegangen“, erinnert er sich. Außerdem bringt er neben einem enormen Trainingsfleiß wohl auch eine gute Veranlagung mit in den Sport. Dieser Gedanke drängt sich auf, wenn Gerhard Kobler die Fotos von gemeinsamen Bergtouren mit seinem Vater herzeigt: Kobler senior ist mit seinen 77 Jahren fit wie ein Turnschuh, und das trotz einer kräftezehrenden Berufslaufbahn. So musste er viele Jahr lang zusätzlich zur Landwirtschaft als Kraftfahrer arbeiten. Auch für seinen sportlichen Sohn gilt es, mehrere Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Für seinen Priesterberuf bleibe jedoch genug Zeit, sagt er: „Ich denke, die Leute sehen, dass die Seelsorge nicht darunter leidet. Der Sport hilft mir, dass ich gesund bleibe und den Job machen kann.“ Kobler, der neben Haslach auch für St. Oswald bei Haslach zuständig ist, versucht das Training mit ein paar Tricks in den Alltag zu integrieren. Ein Beispiel dafür ist die sommerliche Pilgerfahrt der Schläger Prämonstratenser nach Prag. Während die Mitbrüder mit dem Bus anreisten, fuhr Kobler mit dem Rad hin.
Generell ist Koblers Training sehr extrem und wird Otto Normalverbraucher nicht zur Nachahmung empfohlen. Manchmal fährt er in der Früh mit dem Fahrrad die 110 Kilometer von Haslach zum Traunstein, besteigt den Gipfel und schwingt sich am Abend zur Heimfahrt wieder aufs Rad.
Gerhard Kobler ist eben einer, der immer wieder neue sportliche Herausforderungen sucht. Neben den Marathons sind es auch die Ironman-Triathlons: 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer mit dem Rad fahren und als Abschluss einen Marathon laufen. 2016 quälte er sich auf insgesamt 257 Kilometern quer durch die marokkanische Sahara. In Sportkreisen gilt das Rennen als härtester Lauf der Welt. Am erfolgreichsten ist er aber bei den Bergmarathon- und Ultraläufen in der Heimat. So wurde er 2013 bei der österreichischen Meisterschaft im 100-Kilometer-Lauf Staatsmeister in seiner Altersklasse. Mittlerweile hat der Priester mit individuellen Sportprojekten persönliches Neuland betreten. Im heurigen Sommer hat er etwa Österreich zu Fuß von Nord nach Süd in nur fünf Tagen durchquert. Eine Strecke von 420 Kilometern. Und natürlich hat er für 2019 bereits ein neues Ziel ins Auge gefasst. Dann will er die Ost-West-Durchquerung Österreichs in Angriff nehmen. Dieses Mal dann allerding mit dem Fahrrad.
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