Wort zum Sonntag
Für Adelheid Schrattenecker, Pfarrassistentin in Brunnenthal, ist es jedes Mal ein bitterer Moment, wenn die Meldung auf ihren Schreibtisch kommt: Jemand aus der Pfarre hat die Kirche verlassen. Zwölf Mal war das letztes Jahr der Fall. Zwei Personen sind in dieser Zeit wieder eingetreten. Meist sind es junge Erwachsene, die sie schon als Kinder in der Schule hatte. Trotz allen Bemühens haben sie keinen Zugang zur Pfarrgemeinschaft gefunden. Wenn dann der erste Kirchenbeitrag fällig ist, ist das der Grund zu gehen. Das Geld, so Schrattenecker, sei ihnen die Kirche nicht wert. Das Gesprächsangebot, das sie und Pfarrmoderator Franz Schobesberger denen, die austreten möchten, persönlich machen, hat in den vergangenen Jahren kaum jemand angenommen. Auch Neuzugezogene sind häufig unter den Ausgetretenen.
„Was machen wir ungenügend oder falsch?“, fragt sich Johann Greinegger, Pfarrer in St. Georgen im Attergau und in Pöndorf, wenn wieder die Meldung kommt, diese und jener seien aus der Kirche ausgetreten. Natürlich, der Kopf sagt: Es ist der Zeitgeist, in dem man meint, man könne auch ohne Gott und Himmel gut leben. Es scheint den Menschen nichts zu fehlen. Greinegger vermutet einen Beziehungsmangel: „Wir haben viel zu wenig Personal für die Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und jungen Familien.“ Und wo man sich kaum kennt, ist die Verbindung dünn.
Klaus Dopler erlebt es als Pfarrer in Gallneukirchen ähnlich. Dort halten sich Austritte einerseits und Taufen sowie Wiedereintritte mit jeweils etwa 130 im Jahr die Waage. „Es ist schon zermürbend, wenn du dich bemühst, mit einer lebendigen Pfarre und mit ansprechender Liturgie, aber du merkst: Es kommt nicht an bei den Menschen.“ Bei Taufgesprächen bekommt er das zu hören, oder wenn es ein Begräbnis zu besprechen gilt: „Ich brauche das nicht, mir geht nichts ab!“ Am Brauchtum, am Äußeren der Religion, seien Menschen schon interessiert, dass aber Glauben etwas mit dem eigenen Leben zu tun hat, werde immer weniger verstanden. Mit Menschen, die sich innerlich abgemeldet haben, sei es schwer, Verbindung zu schaffen.
„Als Seelsorger und Seelsorgerinnen stoßen wir vor allem an unsere persönlichen Zeitgrenzen“, erzählt Schrattenecker. Letztlich ginge es um den Aufbau von Beziehungen – und das sei schwer.
Dennoch zuversichtlich zu bleiben und mit Freude zu arbeiten, sei eine Herausforderung, meint Pfarrer Dopler. Enttäuschungen sollten nicht jene zu spüren bekommen, die da seien und das Pfarrleben engagiert mitgestalteten. Nicht nur die Seelsorgerinnen und Seelsorger sind betroffen. Noch mehr trifft es oft Eltern, wenn sie erfahren: Das eigene Kind ist ausgetreten.
„Wir erreichen die Nicht-Gottesdienstbesucher kaum mehr“, sagt Pfarrer Greinegger. In der ländlicheren Pfarre Pöndorf, wo man einander kennt, treten bei Weitem nicht so viele aus wie in der Zuzugspfarre St. Georgen. Hierher ziehen nicht wenige, die dem teuren Pflaster von Salzburg ausweichen wollen. Menschen, die nicht hier aufgewachsen sind, treten eher aus, ist Greineggers Beobachtung. Wenn er an Ausgetretene Briefe schreibt, wird nur selten einer beantwortet. Über das Pfarrblatt versucht die Pfarre den Kontakt zu halten. Dass viele trotz ihrer schwachen Verbindung mit der Pfarre den Kirchenbeitrag anstandslos zahlen, erstaunt ihn fast, und er weiß dieses „Bekenntnis“ zu schätzen.
Trotz mancher Frustration spürt Greinegger eine große innere Gelassenheit, gepaart mit Gottvertrauen. „Es ist letztlich nicht meine Kirche, es ist die Kirche des Herrn“, sagt er sich. Und: „Ich werde das Meine tun, mich anstrengen, aber ich allein kann die Kirche nicht retten.“
Für Adelheid Schrattenecker bedeutet es: „Wir müssen noch besser hinhören, was Menschen bewegt – das müssen wir ernst nehmen.“ In den ganz alltäglichen Begegnungen gilt es, die Botschaft Jesu lebendig werden zu lassen. Die Pfarrassistentin spürt darin ihre Berufung.
Vorläufige Kirchenstatistik 2018
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