Wort zum Sonntag
„Wo männerst du hin?“ lautet der Titel der Männersynode der KMB OÖ. Was darf man sich darunter vorstellen?
Bernhard Steiner: Wir wollen zunächst einfach fragen, was Männern zurzeit wichtig ist, was für sie Freude und Hoffnung, Trauer und Angst sind. Das Zuhören ist ja auch bei der laufenden Synode in Rom ein großes Thema. Wir sind da bereits seit einem Jahr hörend unterwegs und haben aus dem, was wir gehört haben, ein Leitbild erstellt, das wir auf der Männersynode vorstellen wollen. Das Thema lautet also auch: Wohin wollen wir als KMB? Wo sollen wir uns einbringen?
Was sind also Freude und Hoffnung der Männer von heute?
Steiner: Es ist schwierig, aus dem Vielen Einzelnes herauszuheben. Zusammenfassend würde ich sagen, die Antworten gruppieren sich um die von Paulus geprägten Begriffe Glaube, Liebe und Hoffnung. Die Hoffnung ist gerade in unserer heutigen, krisengeschüttelten Zeit von großer Bedeutung: Sie hilft, trotzdem Alternativen zu suchen, trotzdem Engagement zu zeigen – auch wenn es schwierig ist. Ganz stark haben sich die Männer, mit denen wir im Gespräch waren, gegen die Angst gewandt – auch gegen eine angstmachende Rhetorik.
Beim Punkt „Glaube“ haben wir deutlich gespürt, dass viele Männer im Alltag und im Berufsleben isoliert dastehen, wenn sie sagen, dass Glaube in ihrem Leben wichtig ist: Wie positioniere ich mich da? Wie „rechtfertige“ ich es, dass ich am Sonntag in die Kirche gehe? Da ist die Gemeinschaft wichtig, in der man solche Themen besprechen und Auskunftsfähigkeit erarbeiten kann.
Beim Thema „Liebe“ geht es um die Wertschätzung für jeden Menschen, die Achtung seiner Würde – aber nicht nur zu Hause, sondern weltweit, indem man solidarisch mit Menschen ist, denen es schlecht geht. Dass sich Männer in diesen Bereichen stark positionieren, ist sehr erfreulich.
Und was sind Trauer und Angst für Männer?
Steiner: Wir hören da vom Klimawandel, von politischen Ängsten, von Demokratieverlust und auch Unsicherheit bei der Frage: Was ist Männlichkeit heute? Das war früher sehr viel leichter zu beantworten. Heute ist viel von „toxischer Männlichkeit“ die Rede, weil hauptsächlich Männer Gewalttaten verüben. Das ist den Männern nicht gleichgültig, wenn diese Verbrechen geschehen. Die Suche nach einer positiven Männlichkeit ist zunächst eine Herausforderung für jeden einzelnen Mann, aber es gibt die Möglichkeit, sich gegenseitig zu stärken, herauszufordern und sich auch infrage zu stellen. Hier wollen wir als KMB aktiv sein.
Bleiben wir gleich beim Thema Männlichkeit: Frauen sind nach wie vor in vielen Bereichen benachteiligt, aber das Ziel ist klar: Frauen haben ihren Platz in der Gesellschaft als selbstbewusste, selbstbestimmte und gleichberechtigte Menschen. Bei Männern scheint es dagegen eine gewisse Orientierungslosigkeit zu geben – die mitunter in Extreme ausschlägt.
Steiner: Ja, auch weil von manchen Männern eine Verteidigungshaltung eingenommen wird, statt darauf zu schauen, wie man den Selbstwert der Männer stärken kann, der sich positiv auf die Beziehung zu den Frauen auswirkt. Wir haben als KMB eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Katholischen Frauenbewegung und vertreten die Linie, dass man sich gegenseitig stärken muss und kein Konkurrenzverhalten an den Tag legt. Es kann sicher nicht darum gehen, männliche Privilegien zu schützen.
Also ist es ein Problem, dass sich manche Männer in eine Opferrolle begeben – etwa, weil sie ihre Väterrechte zurückgedrängt sehen oder keine Beziehungen zu Frauen aufbauen können? Wie lässt sich dieses Problem auflösen?
Steiner: Indem man offen darüber redet. Die von Ihnen beschriebene Haltung habe ich im Kontakt mit Männern aus anderen Diözesen auch bemerkt. Aber was hat es für einen Sinn, sich als Opfer zu sehen und jemanden zu suchen, der angeblich an der eigenen Situation schuld ist? Erwachsen zu werden bedeutet auch, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen.
Weil sich das Verhältnis der Geschlechter verändert hat, sind manche „Vorbilder“ überholt. Wie gelangen Männer trotzdem zu einer Orientierung?
Steiner: Wir haben uns in den vergangenen Jahren bewusst Männerfiguren in der Bibel angeschaut. Wir haben erkannt: Sie haben viele Schattenseiten und ein paar Lichtseiten. Aber nicht nur die Lichtseiten können Orientierung geben: Auch das Ausloten der dunklen Seiten bringt Erkenntnisgewinn, wenn man differenziert damit umgeht. Die biblischen Männergestalten sind nicht perfekt, aber das sind wir auch nicht. Es ist wichtig, an den eigenen Lichtseiten zu arbeiten, aber andere nicht zu verurteilen, wenn sie nicht perfekt sind, sondern differenziert mit sich und ihnen umzugehen.
Heißt das: Ein selbstreflektierter und selbstbewusster Mann ist zur Solidarität mit anderen fähig? Als Mann mit den Frauen, als heterosexueller mit einem homosexuellen Mann, als Mehrheitsvertreter mit Minderheiten ...?
Steiner: Ja. In unserem neuen Leitbild sagen wir: Vielfalt stärkt und Gemeinschaft hält. Es ist wichtig, Vielfalt nicht als Bedrohung zu sehen, sondern als Chance. Auch wir in der KMB sind sehr vielfältig, die Männer, die sich engagieren, sind sehr unterschiedlich. Man könnte meinen, dass sei eine Schwäche, weil man nicht einfach zu klaren politischen Botschaften kommt. Aber das wollen wir gar nicht. Unser Anliegen ist es, das Gespräch miteinander und die Solidarität zu stärken.
Infos: www.dioezese-linz.at/kmb
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