Wort zum Sonntag
Johann Gruber war eine schillernde Persönlichkeit. Geboren in Tegernbach, verlor er früh seine Eltern. Er wurde Priester und leitete ab 1934 die Linzer Blindenanstalt. In seiner Reformpädagogik stand das Wohl des Kindes im Mittelpunkt, als Direktor setzte er sich für seine blinden Schützlinge ein. Nach Konflikten innerhalb der Diözese Linz wurde er 1938 wegen eines angeblichen Sittlichkeitsdelikts festgenommen und kam schließlich ins Konzentrationslager Gusen. Hier versorgte er seine Mithäftlinge mit der sogenannten „Gruber-Suppe“. Er unterrichtete und stand den Leidenden seelsorgerisch zur Seite. Überlebende erzählten davon, dass er viele Leben rettete. Am Karfreitag, 7. April 1944, wurde er ermordet. Im Jahr 2016 wurde er vom Strafgericht Wien vollständig rehabilitiert.
Johann Grubers Leben und Wirken stand am 5. April im Mittelpunkt einer Tagung an der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. Verschiedene Seiten seiner „anstößigen“ Persönlichkeit wurden beleuchtet. Bischof Manfred Scheuer, Andreas Schmoller vom „Franz und Franziska Jägerstätter Institut“ und Thomas Baum, Autor des Theaterstücks „Der Fall Gruber“, riefen seine umstrittene Persönlichkeit, sein solidarisches Handeln und seine Form des Widerstands gegen damalige politische und kirchliche Systeme in Erinnerung. Der Theologe Andreas Telser brachte einen neuen Aspekt ein: Wie könnte heute eine „Lehre von Gott“ aussehen, die aus Grubers Leben, seinem Wirken und seinem Sterben heraus zu verstehen ist?
Wie Johann Gruber seinen eigenen Glauben verstanden habe, sei nicht bekannt, so Andreas Telser. Als fromm wurde der Priester nicht erlebt, und bis heute wurden keine theologischen Aufzeichnungen gefunden. Doch Andreas Telser ist überzeugt: Gottes Wort, die Frohe Botschaft, ist in Johann Grubers Worten und Taten erkennbar. Er machte den „angeschlagenen“ Menschen Mut und lehrte sie den „Lebensglauben“. Durch seine Zuwendung hat er viele berührt, die Bewohner/innen der Blindenanstalt, die Mithäftlinge im Konzentrationslager. Das wirkt nach bei jenen, die heute noch von seiner Person inspiriert werden. Andreas Telser sieht zwei Anhaltspunkte für die Erarbeitung einer Theologie: Zum einen sollte darin die Geschichte Johann Grubers und seiner Zeitgenossen „eingeschrieben“ sein, zum anderen könnte es eine Theologie des (körperlichen) Hungers, verbunden mit dem Stillen dieses Hungers, sein.
Im Rahmen des Symposiums wurde der Entwurf eines Gedenkortes präsentiert, der noch in diesem Jahr an der Pädagogischen Hochschule umgesetzt werden soll. Das dreiteilige Kunstprojekt von Christian Kosmas Mayer umfasst Auszüge des „Klagelieds zur Erinnerung an Johann Gruber“ (1945), die auf den Handläufen am Haupteingang zu lesen sein werden, eine Vitrine mit Objekten, die im Zusammenhang mit Grubers Leben stehen, sowie die „Gruber-Suppe“, die einmal im Monat in der Mensa (Kantine) gereicht wird. Die Installation soll an einen Menschen erinnen, der ein Symbol für alle ist, die im Anderen den Nächsten erkennen. «
Informationen zu Dr. Johann Gruber, zu Forschungs- und Kulturprojekten sowie ein Archiv sind auf www.johann-gruber.at zugänglich.
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