Wort zum Sonntag
Pässe über die Berge verbinden seit Jahrhunderten die Menschen. Das gilt auch für die Scharflinger Höhe zwischen dem Mondsee und dem Wolfgangsee. An dieser Verbindung liegt das Europakloster Gut Aich in der Ortschaft Winkl. Das Besondere an dem Kloster ist, dass es im Verhältnis zu den anderen österreichischen Benediktinerstiften mit seinen 25 Jahren sehr jung ist.
Das Gegenüber von Altem und Neuem findet sich auch in der Gemeinschaft der Mönche wieder: Sie leben nach der knapp 1500 Jahre alten Benediktsregel und bilden doch ein Kloster für das 21. Jahrhundert.
„Wenn man am Ende des 20. Jahrhunderts ein Benediktinerkloster gründet, kann man kein Barockstift nachbauen. Es muss etwas Neues kommen. Man muss die alte Regel verstehen lernen und sie neu im Leben verwirklichen“, sagt Pater Johannes Pausch beim Gespräch in der Bibliothek. Der Mitgründer und Prior des Klosters erzählt von den Anfängen des Europaklosters. Als Idee 1989 in einer Vorlesung an der Universität Salzburg geboren, war zunächst geplant, sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Ostdeutschland niederzulassen. Als sich das als undurchführbar erwies, traten die Franziskanerinnen von Au am Inn (Bayern) auf und boten ihr einstiges Kinderheim in Winkl an. So wurden die Ordensfrauen zu den Stifterinnen eines Männerklosters im Dienst Europas.
Europa. Worin sehen die Mönche von Gut Aich ihren Auftrag als Europakloster? „Türen und Fenster aufmachen, Mauern einreißen, offen und freundlich gegenüber den Menschen sein und gute Nachbarschaft halten“, sagt Pater Johannes ohne jedes Zögern auf diese Frage. „Das ist die Idee von Europa, denn es gibt keine Alternative zum Zusammenleben der Menschen.“ Oft seien seine Brüder und er gefragt worden, wann sie ihren ersten Europa-Kongress veranstalten würden. Immerhin war ein großer Europäer, der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl, der alljährlich am Wolfgangsee Urlaub machte, dem Kloster sehr verbunden.
„Kongresse werden wir nie machen. Wir sind froh, wenn wir gute Nachbarschaft leben und so ein Beispiel geben können. Europa beginnt im Rücksichtnehmen aufeinander und im Teilen“, erklärt Pausch.
„In Beziehung kommen“ bringt somit die Neuauslegung der benediktischen Spiritualität durch die Mönche von Gut Aich auf den Punkt. Ausgehend vom Auftrag des Evangeliums, die Frohe Botschaft zu verkünden und die Kranken zu heilen, sieht es Pater Johannes als Aufgabe, gebrochene Beziehungen zu heilen: zu sich selbst, zu anderen Menschen, zur Natur, zu Gott. „Man muss mit den Menschen, die sich an uns wenden, solidarisch werden, ihre Schicksalsschläge ernst nehmen und durchtragen helfen“, sagt der Prior. „Der heilige Benedikt trägt den Mönchen die Gottsuche auf. Das hört sich schön an. Aber Gottsuche kann auch bedeuten, durch den Misthaufen des Lebens durchzugehen. So kann man den Mist vielleicht in den Boden einarbeiten und darauf neue Pflanzen wachsen lassen.“ Eine Balance im Leben, sagt der Benediktiner, könne man vom Kloster lernen. Ora et labora – der Rhythmus des Betens und Arbeitens sei eine Kraftquelle. Wobei man nicht zu glauben brauche, dass das rechte Maß für Mönche nicht auch eine Herausforderung sei.
Aus ihrem Grundauftrag heraus haben Benediktiner von Gut Aich auch ihre wirtschaftlichen Standbeine entwickelt: Physio- und Psychotherapie im Hildegardzentrum, Klosterheilkunde mit entsprechenden Produkten, Kunstwerkstätten. Vor allem ist das Kloster aber ein seelsorgliches Zentrum. Eine Besonderheit ist das Kasperltheater nach den Familiengottesdiensten.
Eine Glocke läutet: Es ist 17 Uhr – Feierabend im Kloster. Die Mönche bereiten sich auf den Abendgottesdienst vor. Im modernen Chorgestühl wartet schon einer auf sie: eine fast lebensgroße Statue des hl. Wolfgang – ein Hinweis auf jene Traditionen, auf welche die Gut Aicher Mönche nicht verzichten möchten.
Das Jubiläum des Europaklosters Gut Aich beginnt am 12. August mit einem Tag der Familie. Es folgen ein Tag der Klosterheilkunde, ein Tag der Dankbarkeit und der Jubiläumsgottesdienst mit Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt (15. August). www.europakloster.com. Zum Jubiläum ist auch ein Buch unter dem Titel „Die Engel bauen schon“ (A. Pustet Verlag) erschienen.
Kräuter und eine eingemauerte Madonna - Mariä Himmelfahrt im Kloster Gut Aich
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