Wort zum Sonntag
Die Tür des Lifts geht auf und der Blick wird frei auf die größte Glocke des Linzer Mariendoms: die Immaculata. Staubkörner tanzen in der stickigen Luft um sie herum. Im Hintergrund hört man das gleichmäßige Schwingen einer Maschine. Durch eine Wendeltreppe gelangt man in den nächsten Stock. Hier, umgeben von den übrigen Glocken, steht sie, die Unwuchtmaschine.
Sie gehört Oliver Rösch vom Karlsruher Institut für Technologie, der in der Eremitenstube seinen Arbeitsplatz eingerichtet hat. Er und ein Kollege wurden engagiert, um mit Hilfe dieser Maschine die Turmschwingungen beim Läuten der Glocken zu messen. Es soll festgestellt werden, welche Auswirkungen die Schwungfrequenz der Glocken auf den Kirchturm hat. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Josefs- und Immaculataglocke gelegt. „Wie auch eine Brücke hat ein Turm eine Eigenfrequenz, in der er schwingt“, erklärt der Glockenreferent der Diözese Linz, Siegfried Adlberger. Beim Läuten einer Glocke reagiert der Turm und kann aufgeschaukelt werden. Stimmt dabei die Schwungfrequenz mit der Turmeigenfrequenz überein, können große Schäden entstehen. Durch die Unwuchtmaschine wird das Aufschaukeln simuliert und die Eigenfrequenz des Turms ermittelt. Das in Linz verwendete Untersuchungsverfahren ist nicht neu. Schon Oliver Röschs Vater hat entsprechende Untersuchungen durchgeführt.
Diese Untersuchung der Glocken ist nicht die einzige, die im Zuge der Turmsanierung durchgeführt wurde. Im Juli ermittelten Spezialisten der Hochschule Kempten den „musikalischen Fingerabdruck“ aller Glocken. Durch ihn können Klang und Haltbarkeit einer Glocke festgestellt werden. „Man kann herausfinden, wie oft und wie fest eine Glocke angeschlagen werden darf, bis sie zerspringt“, sagt Siegfried Adlberger. Durch diese Untersuchungen soll wertvolles Kulturgut geschützt werden, betont er. Im Linzer Mariendom hängt ja ein vollständig erhaltenes Geläute aus dem frühen 20. Jahrhundert, das im Zweiten Weltkrieg bis auf die Immaculata abgenommen, letztlich aber nicht eingeschmolzen wurde. Wird zu spät bemerkt, dass Beschädigungen vorliegen, müssen die Glocken oft kostspielig restauriert oder überhaupt neu gegossen werden. Dies soll vermieden werden. Die Daten beider Analysen werden am Ende der Untersuchung zusammengefügt, um feststellen zu können, durch welche Maßnahmen Schäden verhindert werden können.
Auch die Pummerin im Stephansdom bekam aufgrund dieses Verfahrens und der Diagnose einen neuen Klöppel angefertigt, der die Beschädigungen an der Glocke verringern soll. Ein Ergebnis der Untersuchung der Linzer Glocken wird im Herbst erwartet. «
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Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
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