Wort zum Sonntag
Wie geht es Ihnen in Kornejewka und wie geht es den Menschen, mit denen Sie leben?
Sr. Kunigunde Fürst: Seit Herbst 2016 leben Sr. Agnes und ich in Kornejewka, dem Ort, wo auch die Schule ist, in der wir unterrichten. Kornejewka ist ein Dorf mit zirka 2.000 Bewohnern. Der Kontakt zu den Menschen findet hauptsächlich im Schulbereich bzw. auf dem Schulweg statt. Die Menschen sind hier optimistischer als in Tonkoschurowka, wo wir vorher gelebt haben und das leider ein sterbendes Dorf geworden ist. In Kornejewka sieht man auch Veränderungen zum Besseren an den Häusern.
Ein großes Problem ist der Alkohol und die Begierde nach dem Mehrhaben. Fernsehen ist allgegenwärtig, ebenso das Handy mit Internet. Auch Drogenprobleme soll es geben, selbst spüre ich davon aber nichts. Die Kirchengemeinde ist klein und besteht hauptsächlich aus den „Babuschkas“. Der Zugang zur Jugend ist nur auf persönliche Weise möglich, die Kinder kommen vor allem im Sommer, wenn es ein Lager gibt. So tummeln sich zur Zeit etwa 90 Kinder im Kirchenbereich, eine willkommene Abwechslung im Ferienalltag.
Wenn Sie von Kasachstan aus auf das Leben in Oberösterreich schauen, was fällt Ihnen auf?
Sr. Kunigunde Fürst: Ehrlich gesagt, ist das Leben in Oberösterreich in weite Ferne gerückt, denn die Lebensverhältnisse hier fordern mich bzw. uns immer wieder heraus. Zum Beispiel: Was tun, wenn es eine Woche lang kein Wasser gibt? So mussten wir vom naheliegenden See Wasser für den Garten holen, denn es war eine echte Hitzewoche. Es sind in Oberösterreich andere Themen, die Menschen beschäftigen, zum Beispiel Migration bzw. der Umgang mit Fremden. Die Frage ist hier nicht virulent, denn es leben hier viele Nationalitäten miteinander.
Haben Sie den „Zukunftsweg“ der Diözese Linz im Blick bzw. wie kommt er bei Ihnen an?
Sr. Kunigunde Fürst: Dieses Thema, das fundamental für die Kirche in Oberösterreich ist, habe ich nur über die KirchenZeitung verfolgt, die normalerweise 2 bis 3 Wochen nach dem Erscheinungstermin ankommt. Es braucht neue Strukturen und die geplanten finde ich ganz gut – mit Pfarre und Gemeinde, obwohl es für mich begrifflich etwas schwierig ist, wie das in den Köpfen zu verankern ist. Es wird Zeit brauchen. Noch wichtiger aber scheint mir, die „Sehnsucht nach Gott und seiner Botschaft“ wachzuhalten. Was hier getan wird, weiß ich nicht.
Wenn Sie an Ihren nahenden 75. Geburtstag denken: Stellen sich manche Glaubensfragen anders als noch vor ein paar Jahren?
Sr. Kunigunde Fürst: Sie legen es mir fast in den Mund, ein Ja auf ihre Frage zu geben. Nicht nur das Alter stellt neue Fragen, sondern auch die Umgebung, das neue Lebensumfeld. So ist die Frage nach Gott und seiner Wirkkraft durch Menschen eine mich ständig begleitende – in jungen Jahren wie heute. Wie kann hier – und wohl auch daheim – die Gottesfrage lebendig erhalten werden? Die Menschen hier sind einfach, geprägt vom Kommunismus und sehr materialistisch, emotional bis abergläubisch. Als Schwester kann ich nur zeichenhaft in den Begegnungen auch in konkreten Hilfen eine „Seite Gottes“ sichtbar machen. Verkündigung durch Da-Sein und Mit-Sein.
Was die Frage nach dem Alter betrifft, kann ich nur sagen: Jeder Tag, der mir noch geschenkt ist, ist kostbar. Daher ist wohl auch das Beten einfacher und komplexer zugleich: Einfach, weil ich vertraue, dass Gott durch mich da ist; vielfältiger, weil die Frage des Glaubens an Gott so viele Facetten hat und die Person Jesus herausfordernd ist.
Sr. Dr. Kunigunde Fürst war Generaloberin der Franziskanerinnen von Vöcklabruck und Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs. Seit sechs Jahren lebt sie in Kasachstan und unterrichtet mit ihrer Mitschwester Agnes Mairhofer im Gymnasium Kornejewka und in der Schule St. Lorenz im Dorf Kornejewka. Es liegt 120 km von der Hauptstadt Petropawlowsk entfernt. Franziskanerinnen
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