Wort zum Sonntag
Von 12 Uhr mittags bis 13 Uhr haben am Montag, 28. April 1924 sämtliche Glocken in der Stadt Linz und in den Kirchen der gesamte Diözese Linz geläutet. Das konnte keiner Oberösterreicherin und keinem Oberösterreicher entgehen.
Mit dem Geläute wurden die Festtage zur Weihe des Mariendoms eröffnet. Nach der Grundsteinlegung durch Bischof Franz Joseph Rudigier am 1. Mai 1862 hatten vier weitere Bischöfe die Dom-Baustelle geerbt. Sie galt sogar einmal als größte Baustelle Europas, was vermutlich weniger eine Ehre als eine Last war.
Obwohl das Gotteshaus noch nicht bis ins letzte Detail fertiggestellt war, beschloss Bischof Johannes Maria Gföllner (1915–1941), die Weihe des Mariendoms vorzunehmen. Neben dem Willen, einen zumindest vorläufigen baulichen Schlusspunkt zu setzen, sollte die Domweihe aber auch zu einer Demonstration der Stärke der katholischen Kirche werden.
Liest man die Berichte im damaligen Linzer Volksblatt, ist das auf jeden Fall gelungen. Scharen von Menschen sind vom 28. April bis 1. Mai 1924 gekommen, um mit 25 Bischöfen aus ganz Europa und drei Kardinälen, darunter dem österreichischen Kurienkardinal Andreas Frühwirth, zu feiern. Kardinal Frühwirth wurde als Gesandten von Papst Pius XI. natürlich besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Der Papst hatte seinem Kurienkardinal eine Botschaft mitgegeben, in der er dem Klerus und dem Volk der Diözese Linz besonders dankt, dass der Dom trotz der wirtschaftlichen Probleme der letzten Jahre – aus seiner Sicht sogar wider Erwarten – vollendet worden ist. Der Papst schreibt das auch der unbefleckten Jungfrau Maria zu, der der Dom geweiht ist. Dass ein Dom mit seinen vielfältigen Aufgaben aber ohnedies nie wirklich vollendet ist, zeigt der Bau des neuen Domcenters.
Das Domcenter ist ein Anbau an den Mariendom in der unmittelbaren Nähe des Rudigierportals und soll als Koordinations- und Anlaufstelle für die vielen Interessierten – Gruppen und Einzelpersonen – dienen, die Österreichs größte Kirche besuchen wollen. Bischofsvikar und Domkustos Johann Hintermaier betont, dass das Domcenter auch ein Ort der Pastoral, der Begegnung und des Gedankenaustauschs werden soll. Zu speziellen Domführungen und künstlerischen Angeboten kann es dort Gesprächsrunden und Diskussionen geben. Der Zubau zeigt, dass der Mariendom auch 100 Jahre nach seiner Weihe ein Gebäude ist, das für die Menschen heute offen sein will.
In den 62 Jahren Bauzeit des Mariendoms herrschte in der Bevölkerung nicht nur helle Begeisterung über das Projekt, das an kein Ende zu kommen schien.
Es gab Krisen, aber im Gesamten war die Freude an einer neuen Domkirche bei Weitem größer. Vor allem zur Domweihe 1924 zeigte sich, wie sehr die Oberösterreicher:innen mit dem Mariendom verbunden waren. S
ie kamen in Scharen aus nah und fern, auch von den äußersten Enden der Diözese – zum Beispiel aus Hochburg-Ach –, wie Erna Putz im Buch „Der Mariendom Linz“ berichtet: In Gesprächen mit Franziska Jägerstätter (1913–2013) spielte der Linzer Dom immer wieder eine Rolle. In Franziskas Kindheit war die Domweihe ein großes Ereignis. Ihr Vater, Lorenz Schwaninger, war dazu für eine Woche nach Linz gefahren. Auf ihn machten die Festtage einen großen Eindruck.
Doch auch für einen Bauern mit einem großen Hof war die Reise eine aufwendige Sache gewesen. Die Domweihe war es aber wert. Das Geld für die Reise hatte er sich mit dem Anbau und Verkauf von Kleesamen erwirtschaftet. Die Tochter Franziska hat erzählt, dass der Vater sehr viel zum Essen mitgenommen habe, wohl um zu sparen. Vom vielen Regen an diesen Tagen ist, anders als in sonstigen Berichten, in der Familie nichts überliefert.
Bis zur Eröffnung des Domcenters am kommenden Festwochenende ist noch viel zu tun.
Wort zum Sonntag
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
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