Wort zum Sonntag
Nach Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen interviewte die Kirchenzeitung Helmut Schüller, zu dieser Zeit Hochschulseelsorger. Er war durch seine Arbeit in der Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs mit der Thematik vertraut.
Die Kirche sei als moralische Instanz besonders im Visier, wenn es um glaubwürdigen Umgang mit sexuellem Missbrauch gehe. Der Wiener Hochschulseelsorger Helmut Schüller, unter dessen Verantwortung als Generalvikar der Erzdiözese Wien eine kirchliche Ombudsstelle für Missbrauchsopfer eingerichtet wurde, betonte im Interview mit der Kirchenzeitung: „Wer sich in Moralfragen exponiert, muss damit rechnen, dass er mit einer anderen Messlatte gemessen wird, wenn es Anlass zur Kritik gibt.“
Wichtig sei es, dass die Kirche mit dem persönlichen Versagen und den strukturellen Mängeln in ihrem eigenen Bereich „offen, ehrlich und entschieden umgeht“. Er forderte nicht zuletzt, dass „kein Stäubchen eines Zweifels bestehen“ dürfe, dass kirchliche Stellen mit staatlichen Behörden bei Anlassfällen bestmöglich kooperieren.
Defizite vermutete Schüller hinsichtlich der Bereitschaft, in der Priesteraus- und -fortbildung das Thema Sexualität anzusprechen. In den vergangenen 30, 40 Jahren habe sich diesbezüglich zwar einiges verbessert, „aber es muss mehr geschehen, denn wir haben da eine große Erblast der Tabuisierung zu tragen“.
Als „unzulässig“ und „polemisch“ bewertete Schüller die Behauptung, der Zölibat brächte Pädophilie hervor oder begünstige diese. Das widerspreche der Tatsache, dass die allermeisten Kindesmissbräuche in Familien vorkommen, „und würde alle, die freiwillig oder unfreiwillig ehelos leben, einem Generalverdacht aussetzen“.
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