Wort zum Sonntag
Genau genommen brauchen wir Gemeinschaft nicht erst zu werden, wir sind es längst. Unausweichlich und ungefragt sind wir Teil von verschiedensten Gruppierungen. Das gilt nicht nur für unsere Familie oder das Team am Arbeitsplatz. Es trifft ebenso auf Ortsgemeinden, Berufsgruppen, vor allem aber auf die große internationale (Welt-)Gemeinschaft zu, zu der wir uns dank der vielfältigen Verflechtungen längst entwickelt haben.
Damit Gemeinschaft nicht nur ist, sondern auch erfahrbar wird, braucht es aber etwas mehr. Grundvoraussetzung dafür ist ein aufmerksamer Blick, der diese zahlreichen Verbindungen wahrnimmt. Ich sehe mich, die anderen und unser Miteinander gleichermaßen.
Ich besuche den sonntäglichen Gottesdienst. Neben mich setzt sich eine mir unbekannte Frau. Ich blicke sie an, nicke ihr zu, sie lächelt zurück. Wir falten beide die Hände, lauschen den Worten der Schrift, sprechen mit der gesamten Gemeinde die Gebete.
Wir alle sind da, weil Gott und unser Glaube uns wichtig sind, und ich bitte für alle, dass jede:r von uns aus dieser Feier Kraft für die täglichen Mühen gewinnen kann, die der Alltag jedes Menschenlebens mit sich bringt.
Ich weiß um die zahlreichen Differenzen in Ideologien und Meinungen, die unter den heute Mitfeiernden bestehen. Aber gibt es nicht auch vieles, das uns darüber hinaus verbindet? Wir alle kennen Krankheit und Gesundheit, Lachen und Weinen, sehnen uns nach Heimat und Geborgenheit, fragen uns zuweilen um den Sinn unseres Daseins. Zu Recht erkennen wir Christ:innen daher in allen Menschen unsere Schwestern und Brüder, vereint im gemeinsamen Menschsein.
Wenn wir auf Gemeinschaften blicken, die nicht nur harmonisch, sondern auch fruchtbar sind, werden wir feststellen, dass es ein Element gibt, das sie verbindet: Sie sind geprägt von einem gemeinsamen Anliegen, einem gemeinsamen Auftrag, der im Mittelpunkt der jeweiligen Gruppierung steht und mit dem sich alle identifizieren können. Das Fußballteam will die gegnerische Mannschaft besiegen, die Musikkapelle einen Marsch zum Besten geben, das Operationsteam das künstliche Hüftgelenk bestmöglich einsetzen.
Der gemeinsame Auftrag trägt die Gemeinschaft, das Wachsen an der gemeinsamen Aufgabe lässt zusammenwachsen. Auseinander fallen Gruppen hingegen, wenn es Mitgliedern mehr darum geht, sich zu profilieren, oder das gemeinsame Ziel nur halbherzig verfolgt wird.
Als Christ:innen trägt uns das Anliegen, Gott ganz in den Mittelpunkt unseres Daseins zu stellen und aus dem Vertrauen auf die göttliche Liebesmacht Leben und Welt zu gestalten. Ob wir als Kirche fruchtbar sind, hängt allein davon ab, wie weit dieses Ziel tatsächlich das Alpha und Omega unseres Handelns ist.
Teil 3 von 4
Sr. Teresa Hieslmayr ist Autorin des Buches „Wege zum Miteinander“, das neu bei Tyrolia erschienen ist. Sie wirkt als Psychotherapeutin und spirituelle Begleiterin für Einzelne und Gruppen.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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