Wort zum Sonntag
Über „Fünf Lektionen, um sich selbst zu genügen und glücklich zu werden“ bin ich vor Kurzem im Internet gestolpert. Was für ein Unfug!
Sind wir Menschen doch mit allen Mitteln und Fähigkeiten ausgestattet, um miteinander glücklich zu werden. Wie schade wäre es, wenn wir diese nicht benutzen würden. Und, Hand aufs Herz, wollen Sie wirklich alleine glücklich werden? Gemeinsam macht Glücklich-Sein doch viel mehr Spaß!
Es entspricht unserem Wesen, Leben miteinander zu teilen und zu gestalten. Schon unser Körper ist auf Kommunikation ausgerichtet. Mit unseren Augen können wir andere nicht nur beobachten, sondern ihnen im Blick begegnen. Unsere Hände sind mit unzähligen Sensoren ausgestattet, um zu spüren, zu streicheln und gestreichelt zu werden. Mund und Zunge formen Laute und Worte, die durch die Ohren andere erreichen – und so weiter!
Zudem verfügen wir Menschen über die Fähigkeit der Empathie, über das Vermögen, mit anderen mitzufühlen und auf das, was sie brauchen, wohlwollend einzugehen.
Als menschliche Wesen haben wir aber nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Notwendigkeit, das Leben gemeinsam zu bewältigen. Die Zeitung, die Sie gerade lesen, ist ebenso ein Gemeinschaftsprodukt wie der Sessel, auf dem Sie gerade sitzen. Unzählige Hände, vermutlich über die ganze Erde verstreut, waren dazu nötig.
Auch um etwa Ihre Anerkennung oder Entrüstung über einen Leserbrief von letzter Woche zum Ausdruck bringen zu können, sind Sie sich selber nicht genug: Sie brauchen ein Gegenüber, dem Sie Ihre Meinung mitteilen können. Dieses Bedürfnis nach Gemeinschaft und Kommunikation ist keineswegs als Defizit anzusehen, im Gegenteil. Es bewegt uns dazu, mit anderen in Verbindung zu treten und so den Sinn menschlichen Daseins zu erfüllen.
Auch als Christ:innen sind wir gleichzeitig befähigt und genötigt zum Miteinander. Unser Glaube verdankt sich der großen, weltweiten und Jahrhunderte umspannenden Gemeinschaft all jener, die Christus gesucht, von ihren Erfahrungen mit ihm erzählt haben und ihren persönlichen Weg der Nachfolge gegangen sind.
Die großen christlichen Feste, wie Weihnachten, Ostern oder auch Allerheiligen, können wir alleine nicht oder nur halb so schön begehen. Mit der oben erwähnten Selbstgenügsamkeit kämen wir gerade an den Höhepunkten unseres Glaubens nicht weit. Wir brauchen die anderen zum Glauben, und die anderen brauchen Sie. Denn auch Sie haben etwas zum großen Schatz des Glaubens beizutragen. Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse von Gott sind einzigartig und unverwechselbar. Indem Sie sie mit anderen teilen, machen Sie eine neue Facette Gottes sichtbar, die bis dahin noch nicht entdeckt war.
Teil 1/4
Sr. Teresa Hieslmayr ist Autorin des Buches „Wege zum Miteinander“, das neu bei Tyrolia erschienen ist. Sie wirkt als Psychotherapeutin und spirituelle Begleiterin für Einzelne und Gruppen.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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