Wort zum Sonntag
Wohin mit dem Müll? Das ist ein gewaltiges Problem auf der Welt. Staaten im östlichen Asien schicken Müllschiffe zurück in die Herkunftsländer. Sie wollen sich den Abfall des Wohlstands nicht länger aufhalsen lassen.
Es gibt auch den Müll der Seele. Es gibt Schuld. Wohin damit? Wie umgehen damit? Die Welt hat auch ein Seelenmüll-Problem.
„Vergib uns unsere Schuld“, beten Christinnen und Christen und fügen hinzu: „... wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“
Dass Schuld vergeben werden kann, sogar soll, darüber gibt es längst keine allgemeine Übereinstimmung mehr. Mehr noch: Vergebung ist in Verruf geraten. Alles muss restlos und so öffentlich wie nur möglich aufgeklärt werden. Das ist das Interesse der Zeit. Schuldige ausfindig zu machen, sie zu bestrafen, gehört zum modernen Rechtsstaat selbstverständlich dazu. Kaum jemals zuvor wurde so viel Aufwand betrieben, Schuldsachverhalte zu klären. Kommissionen, Untersuchungsausschüsse, Rechtsanwälte, die Polizei und die Gerichte. Sie arbeiten daran, verdienen zum Teil damit ihr Geld. Aber so richtig „dingfest“ lässt sich die Schuld nicht machen. Es bleibt viel zu tun für Therapeutinnen und Therapeuten, auch für Seelsorgerinnen und Seelorger.
Das digitale Zeitalter ist da noch „grausamer“ geworden. Lange zurück lässt sich verfolgen, was sich an „Lebensmüll“ angesammelt hat. Die Spuren der Schuld bleiben am Menschen haften. Lossprechung? So etwas kennt die digitale Welt nicht. Eine Schuld „abgesessen“ zu haben bedeutet noch lange nicht, dass damit etwas wieder in Ordnung wäre.
Der Umgang mit Schuld ist nicht eine Frage der Rechtsprechung allein. Sie hat eine tiefere Seite, die die Seele berührt. Im Menschen steckt die Fähigkeit – zu vergeben. Und auch: auf Vergebung hoffen zu dürfen.
Den Kirchen wird, selbst in vielem schuldig geworden, beim Umgang mit Schuld nicht mehr so recht getraut. Doch es ist nicht alles Vertuschung, was mit Vergebung zu tun hat. Richter können eine Schuldstrafe verhängen, Täter und Täterinnen können sie „absitzen“ oder zahlen. Doch es braucht das „Ausheilen“ der Verletzungen durch Schuld. Wo es nur mehr Schuld- oder den Freispruch, aber kein Lossprechen gibt, bleibt etwas unversöhnt.
Ein großer Verlust ist das. Denn man beraubt sich damit der Chance, die in der Vergebung und in der Umkehr steckt: dass ein Mensch im Einbekennen der Schuld – und in der Erfahrung einer Vergebung – reifen kann. Dass er verlässlicher werden kann, als er war. Dass ein Mensch zwar immer derselbe Mensch bleibt, aber doch ein anderer geworden sein kann, als man ihn kannte. Wo man diese Bekehrung Menschen nicht mehr zutraut und zugesteht, verarmt das Menschsein.
Menschen können vergeben. Es gibt diese Möglichkeit, auch wenn sie dabei an Grenzen stoßen, denn es lässt sich nicht alles wiedergutmachen. Manchmal bleibt nur, mit einer Schuld zu leben. Ein Glück, wenn es jemand dennoch versöhnt tun kann. Das öffnet das Leben auf die Zukunft hin.
Gott – einer, der vergibt und die zweite und dritte Chance einräumt? Solche Großherzigkeit mutet fremd an in modernen Rechtssystemen. Aber bleiben Menschen einander nicht viel schuldig? Es sind die Versäumnisse, die vergebenen Chancen. Es ist das, was man einander schuldig geblieben ist. Das Christentum nimmt den Menschen nicht nur als ideal an. Ab den ersten Kapiteln der Bibel begleitet die Schuldfrage die Menschen. Gott steht zu ihnen. Grausam wird die Geschichte dann, wenn sie kein Vergeben mehr kennt.
Aus der Serie „Was Menschen können - Vergeben“, Teil 3 von 4
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Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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