Wort zum Sonntag
Die ersten Beiträge dieser Artikelreihe haben das Allgemeine Gebet – das in der Liturgie üblicherweise „Fürbitten“ genannt wird – als ein Ritual erschlossen, in dem sich die versammelte Gemeinde mit Leib und Seele vor Gott als Gebetsgemeinschaft erfahren kann.
Da das Allgemeine Gebet vereinen und nicht spalten soll, kommt nichts in Frage, bei dem man aus der Sicht des Glaubens unterschiedlicher Meinung sein darf: „Lasst uns beten, dass die Partei X die Wahl gewinnt“ oder „Lasst uns beten, dass unser Pfarrer endlich versetzt wird“: das mögen persönliche Anliegen sein, in der Liturgie aber haben sie nichts verloren.
Muss man überhaupt genau ausformulieren, was man von Gott erbittet? Jesus sagt: Macht nicht viele Worte, „denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet“ (Matthäus 6,8–9), und überhaupt: „Dein Wille geschehe“ (Matthäus 6,10). Gott soll weder informiert noch überzeugt werden. Es genügt, in klaren Worten auszudrücken, für wen gebetet werden soll: „Lasst uns beten für die Kinder“, „Lasst uns zu Gott beten für die Regierenden“, „Für alle Menschen in medizinischen Berufen, die unter hohen Belastungen stehen“ oder „Für Menschen, Pflanzen und Tiere, für Berge und Meere, für die Luft und den Boden lasst uns beten zu Gott, dem Schöpfer der Welt“.
Wir müssen Gott nicht mitteilen, wer was wofür braucht. Das Allgemeine Gebet soll vielmehr das Bewusstsein der Versammelten für die Nöte der Welt schärfen, sie zum Gebet motivieren und vereinen. Das ist christliche Berufung: im Namen der Welt vor Gott stehen. Diese Berufung wird im Allgemeinen Gebet erfahren – nicht informativ, sondern einladend-poetisch und ausdrucksstark.
Nun mag es Situationen geben, in denen man konkretere Anliegen benennen möchte. Anstatt nun völlig auf das „universale“ Element zu vergessen, kann man ja beides miteinander verbinden: „Lasst uns beten für Martina und Lukas und für alle Brautpaare, die heute ihre Hochzeit feiern“, „Für alle Kinder, besonders in unserem Pfarrkindergarten, der heute sein 50-jähriges Bestehen begeht“, „Für Heinz Gruber und alle Verstorbenen lasst uns beten zu Gott“.
Es gäbe natürlich noch viel mehr zum Allgemeinen Gebet zu sagen als in dieser dreiteiligen Artikelreihe. Das Wichtigste war, einige Spuren zu legen, die ein Ritual, das in katholischen Gottesdiensten oft so belanglos daherkommt, in seiner vollen Kraft als Ausdruck kirchlicher, gemeinschaftlicher Berufung erfahrbar machen.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>