Wort zum Sonntag
Im Frühling, wenn alles aufblüht und wächst, wenn es nach vorne geht mit dem Jahr, die Kälte weicht und alles ins Wachsen kommt, feiern Christinnen und Christen Ostern. Fröhlich ist man und feiert ein Lebensfest.
Der November zieht ins Land. Nur noch ein kurzes, farbenfrohes Aufbäumen der Natur lässt sich an seltenen sonnigen Tagen erleben. Das große Absterben hat eingesetzt. Kargheit, Nebel und Dunkel prägen die Landschaft, und die Fröhlichkeit zieht sich zurück in geschlossene Räume. Da feiern Christinnen und Christen es noch einmal: Ostern im Herbst.
Lebensfeste sind es. Denn nichts anderes meinen die beiden Feste Allerheiligen und Allerseelen. Gott lässt den Menschen nicht fallen wie ein vergilbtes Blatt. Wenn alles rundherum abstirbt, selbst die Leiber der Menschen in Gräbern verwesen: Nicht Verwesten, Vollendeten gilt das Erinnern.
So feiern Christinnen und Christen die großen Zusagen Gottes, wie sie in den Seligpreisungen genannt sind. Am Allerheiligentag werden sie vorgetragen:
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Und den Trauernden, den Sanftmütigen, den nach Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden, den Barmherzigen und den im Herzen Reinen, den Friedenstiftern, den um der Gerechtigkeit willen Verfolgten.
Gerade an Gräbern, wo das Leben so sehr in Frage steht, lässt sich tief ahnen, was Gott mit dem Leben meint und was somit auch Ostern bedeutet. Ob man sich einzulassen wagt auf das Gotteswort von der Seligkeit oder ob man sich seine Seligkeiten lieber selbst zimmert – mit den zweifellos schönen, aber zerbrechlichen Dingen der Welt.
Nicht nur im Aufwachen des Frühlings, auch an manchmal recht „trostlos“ scheinenden Tagen gilt diese Botschaft. Sie tröstet und stärkt und man steht nicht allein.
Nicht zurück wendet sich das Erinnern, nicht gilt es nur dem, was war. Es erinnert nach vorne:
Nutze die Tage.
Lebe und wage Seligkeit.
Eine Kerze für Oma.
Sie war so gut.
Und für den Onkel.
Wie lustig war es mit ihm!
Da drüben: eine Kerze brennt
für ein Kind.
Dass man es nicht auch einmal
so erleben muss!
Name für Name, in Stein geritzt,
auf Emailtäfelchen geschrieben,
dort und da noch
auf einem frischen hölzernen Kreuz, weil der Grabstein
noch nicht
bestellt ist.
Man steht an Gräbern,
zündet die Kerzen an,
aber mehr als für Oma,
Onkel und Kind
leuchten sie ins eigene Herz –
als Schein von drüben, der sagt:
Fürchte dich nicht.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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