Wort zum Sonntag
Im Mittelalter war es üblich, dass der Priester an Ostern in seiner Predigt Witze erzählte, um die Zuhörer zum Lachen zu bringen. An diesen Brauch erinnert mich der Schluss des Kleinen Prinzen. Genau ein Jahr, nachdem er auf der Erde angekommen ist, geht er an die Stelle, an der er der giftigen Schlange begegnet ist. Und es ist ihm klar, dass sie ihn mit ihrem giftigen Biss wieder auf seinen Stern bringen wird, auf dem er seiner geliebten Rose begegnet.
Das Abschiedsgespräch zwischen dem Kleinen Prinzen und Saint-Exupéry im Buch ist von Wehmut geprägt. Der Flieger bittet den Kleinen Prinzen ein paarmal, er solle nochmals so herzlich lachen, wie er es vorher noch nie von einem Menschen gehört hat. Der Kleine Prinz erfüllt gerne diese Bitte. Das fröhliche und so reine Lachen ist das Geschenk, das er Exupéry zum Abschied überlässt. Und er erklärt sein Geschenk: „Wenn du in der Nacht in den Himmel siehst, weil ich auf einem der Sterne wohne, weil ich auf einem dieser Sterne lache, wird es für dich sein, als lachten alle Sterne. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können.“
Es ist ein Lachen, das den Tod überwindet, ein Lachen, das wie das Osterlachen zeigt: Die Liebe ist stärker als der Tod. Die Liebe wird nicht sterben. Wenn ich daran glaube, dann erinnern mich alle Sterne an diese Liebe, an dieses Lachen, das auch dem Tod noch trotzt und alles leichtnimmt.
Als Exupéry am Morgen nach dem Tod des Kleinen Prinzen nochmals an die Stelle kommt, an der er gestorben ist, findet er den Leichnam nicht. Das ist ein Bild für die Frauen, die frühmorgens an das Grab Jesu kommen, um ihn zu salben. Aber sie finden seinen Leichnam nicht. Die Engel künden ihnen, dass Jesus auferstanden ist. Exupéry hört oft nachts den Sternen zu. Und es ist ihm, als ob fünfhundert Millionen Glöckchen erklingen und als ob er das Lachen des Kleinen Prinzen hörte.
Johannes schildert uns in seinem Evangelium, wie Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab läuft. Und sie findet den Leichnam des geliebten Jesus nicht. Johannes schildert diese Szene auf dem Hintergrund des Hohenliedes der Liebe. Dort heißt es: „Des Nachts auf meinem Lager suchte ich ihn, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn und fand ihn nicht.“ (Hdl 3,1) Johannes will damit sagen: Auferstehung heißt: Die Liebe ist stärker als der Tod. Als Maria von Magdala von Jesus mit ihrem Namen angesprochen wird, antwortet sie: „Rabbuni = Mein Meister“. Sie erkennt, dass die Liebe Jesu sie vom Himmel aus weiterhin berührt. Auferstehung heißt: Die Liebe ist stärker als der Tod.
Der Philosoph Gabriel Marcel sagte: „Lieben heißt, zum anderen sagen: Du, du wirst nicht sterben.“ Von der Erfahrung der Auferstehung kündet uns das Buch vom Kleinen Prinzen, natürlich in Bildern, aber in Bildern, die jeden Menschen berühren und die auch in dem, der nicht an die Auferstehung Jesu zu glauben vermag, eine Ahnung von dem vermittelt, was Auferstehung bedeutet: Die Liebe überwindet den Tod. Das Lachen der Liebe verwandelt die Trauer über den Tod eines geliebten Menschen in Dankbarkeit.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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